Die Märkte kommen in Bewegung -Bericht vom 5. Kapitalmarkttag der Bank Hauck & Aufhäuser in Frankfurt- von Thomas Seidel

Eine voll besetzte Veranstaltung 5. Kapitalmarkttag Hauck & Aufhäuser
(Quelle: Thomas Seidel)


Die halbjährliche Veranstaltung des Traditionsbankhauses ist an selbständige Vermögensverwalter adressiert. Wegen der anhaltend regen Nachfrage an der Veranstaltung, wird über 270 Teilnehmern Platz angeboten. Den zentralen Vortrag hält der Präsident des Müncher ifo-Instituts Prof. Dr. Clemens Fuest. Der gilt als einer der renommiertesten Volkswirtschaftler Deutschlands und gehört gleichzeitig auch dem Rat der sogenannten Wirtschaftsweisen an. Mit Spannung werden dessen Aussagen zur Entwicklung und dem Fortgang des Wirtschaftsgeschehens in Europa erwartet.

Eingeleitet wird die Veranstaltung durch Michael Bentlage (CEO Hauck & Aufhäuser) der für sein Haus von einer positiven Geschäftsentwicklung berichtet. Nach dem Erwerb der luxemburger Einheiten des ehemaligen Bankhauses Sal. Oppenheim durch Hauck & Aufhäuser ist eine geschmeidige Integration gelungen, ohne dass es dabei zu grundsätzlichen Auswirkungen bei den Prozessen in Luxemburg und Deutschland gekommen ist. Hauck & Aufhäuser beschäftigt in Luxemburg rund 350 Mitarbeiter und administriert etwa 80 Mrd Euro Assets auf unterschiedlichen Wertschöpfungsebenen. Alle Geschäftseinheiten arbeiten in ihren eigenen Schwerpunkten profitabel. Auch für das kommende Jahr sieht sich Hauck & Aufhäuser gut aufgestellt.

Michael Bentlage CEO Hauck & Aufhäuser
(Quelle: Thomas Seidel)
Globales Wirtschaftsgeschehen
Seiner Favoritenrolle für den Kernvortrag wird Clemens Fuest auch gleich mehr als gerecht. In einer präzise gegliederten Präsentation geht Fuest auf aktuell wichtige wirtschaftlichen Themen ein. Aus der Sicht von Fuest und dem ifo-Institut steht die Konjunkturampel klar auf gelb. Der wirtschaftliche Höhepunkt von Anfang 2017 sei längst vorbei. Die Konjunktur erfahre eine erhebliche Abkühlung. Vor allem der „Unsicherheitsindikator“, ermittelt durch Umfragen bei Unternehmen, sei von 52 auf 57 gestiegen.

Die bislang recht gut laufende Wirtschaft in den USA, versucht die Trump-Administration wohl bis zur nächsten Präsidentenwahl auf diesem Niveau zu halten. Aber die deutliche Zinswende und das, durch massive Steuersenkungen kräftig gestiegene, Staatsdefizit lassen Zweifel an diesem Plan aufkommen.
Den Handelsstreit mit den USA sieht Fuest ambivalent. Zwar gebe es bei Waren einen Handelsüberschuss von Europa gegenüber den USA. Aber bei den Dienstleistungen sehe es ganz anders aus. Dort seien die USA im Plus. Nicht zuletzt machten große US-Unternehmen in Europa kräftige Gewinne. Ganz anders sei das Handelsverhältnis zwischen den USA und China. Die Chinesen verkaufen Leistungen für 506 Mrd Dollar in die USA, während Letztere nur für 131 Mrd Dollar nach China liefern. Damit hätten die Chinesen schlechtere Karten im Handelsstreit. Ihnen gingen schlicht die aus den USA kommenden Waren aus, die sie noch mit Zöllen belegen könnten. So hofft man in Europa wohl, dass sich der Handelsstreit auf China und die USA konzentrieren wird.

Das Thema Brexit lässt Fuest zurecht ganz aus. Immer neue und sich zum Teil widersprechende Informationen quasi im Stundentakt seien keine geeignete Grundlage für Entwicklungsprognosen.

Prof. Dr. Clemens Fuest ifo-Institut München
(Quelle: Thomas Seidel)
Richtig vor nimmt sich Fuest dagegen Italien. Er beginnt mit positiven Fakten. Es gäbe eine wirtschaftliche Erholung von knapp unter zwei Prozent. Der Arbeitsmarkt laufe relativ gut. Es würde ein Überschuss in der Handels- und Leistungsbilanz, sowie ein Primärüberschuss auch von knapp unter zwei Prozent erzielt. Aber, die Jugendarbeitslosigkeit läge bei 35 Prozent, verglichen mit Deutschland bei 6 Prozent. Die Staatsschulden haben ein Niveau von 130 Prozent des Bruttosozialprodukts erreicht. Die Dynamik der Exportstärke ist inzwischen negativ. Am schlimmsten sei aber, die seit 1990 sinkende Arbeitsproduktivität, die gegenüber anderen europäischen Ländern auch noch immer weiter nachlasse. Einer der Gründe dafür sei auch die hohe Anzahl von familiengeführten Unternehmen, mit einer starken traditionellen Vorgehensweise.

Diese ganzen Mängel würden durch den radikalen politischen Wandel verstärkt. Was die derzeitige Regierung mache, sei, sich selbst eines besseren Primärüberschusses zu berauben. Ohne enormes Wachstum aber könne sich Italien auf die Dauer nicht mehr halten. Die angestrebte Zusatzverschuldung wird nicht in Investitionen, sondern für Pensionen ausgegeben. Das Vertrauen der Investoren wird verloren gehen. Letztlich könne die EU aber daran nichts ändern. Die Union sei eine Gemeinschaft souveräner Staaten, die sich nicht wirklich an Vorgaben aus Brüssel halten müssen. Nur die Reaktionen der Märkte könnten vielleicht die italienische Regierung zu einem Kurswechsel bringen.

Die Unsicherheit nimmt zu
(Quelle: Thomas Seidel)
Fuest gibt konkrete Ratschläge. So dürfe Europa populistische Erpressungen nicht belohnen. Andere Länder müssten sich gegen eine Krise in Italien abschirmen. Ohne im Detail zu sagen wie, wird das wohl nur durch Eigenkapital für Abschreibungen auf italienische Anleihen und Kredite zu bewerkstelligen sein. Die EU sollte in einen Dialog mit Italien treten und Initiativen vorantreiben, die einen europäischen Mehrwert bringen, beispielsweise bei der Migrations- und Sicherheitspolitik, beim Ausbau europäischer Netze und der Forschungsförderung.

Fuest geht davon aus, dass die EU eine Gemeinschaft souveräner Staaten bleibe. Unter dieser Prämisse brauche es ein politisches Gesamtkonzept. Das angestrebte Eurozonen-Budget kritisiert Fuest als falsch. Es gäbe bereits 260 Mrd Euro verfügbare, aber bislang nicht abgerufene Mittel in der EU. Grundsätzlich müsse jede Risikoteilung mit mehr Marktdisziplin einher gehen.

Kontroverse Diskussion
Nach dieser ausführlichen Analyse kommt es zu einer Paneldiskussion, an der neben Fuest und Michael Bentlage von Hauck & Aufhäuser auch Claus Döring, Chefredakteur der Börsenzeitung, Prof. Dr. Christoph Schalast von der Frankfurt School of Finance an Management (FSFM), sowie Christoph Subbe, Vorstand der Frankfurter Lebensversicherung eingeladen sind. Die Teilnehmer liefern sich eine heftige Diskussion. Döring sieht den Aktienmarkt in einem Jahr um 25 Prozent schrumpfen. Subbe warnt vor heftigen Volatilitäten an den Märkten. Schalast betrachtet Deutschland als die „lahme Ente“ in Europa und sieht für das kommende Jahr eine neue Kanzlerschaft voraus. Im Übrigen sei er zuversichtlich, dass sich Italien wieder in den Griff bekomme. Bentlage hält Döring entgegen, dass die Märkte nicht so stark einbrechen würden. Er sehe die europäischen Banken inzwischen gut aufgestellt. Die Regulatorik habe verfeinerte und erweiterte Mechanismen zu deren Überwachung entwickelt. Die schlechte Performance mancher deutscher Institute seien auf die Regulatorik zurück zu führen, die deren Eigenkapital und die Geschäftsmodelle berühre. Verbal geprügelt wird sich um die Italien-Problematik. Döring warnt, das Exposure der Banken in Italien werde bei den Banken-Stresstests gar nicht richtig berücksichtig. Schalast, der sich zumindest bei Klamotten und Schuhen als bekennender Italien-Fan zu erkennen gibt, glaubt an eine elegante Lösung des Italien-Problems. Während Döring die Möglichkeiten der EZB hinsichtlich Italien für erschöpft ansieht, meint Fuest die große Frage sei, wie die Finanzmärkte reagieren würden und zu welchen Liquiditätsproblemen das führe. Subbe glaubt nicht an den großen Italiencrash, auf den Niemand wirklich Lust hätte.

In der Diskussion (v.l.n.r. : Michael Bentlage, Clemens Fuest, Claus Döring,
Christoph Schalast, Christoph Subbe
(Quelle: Thomas Seidel)

In einem anderem Thema beklagt Bentlage den Umgang mit deutscher Spitzentechnologie. Das käme einem Ausverkauf von Wissen und Human Resources gleich. Schalast warnt davor, dass Deutschland sich abschotte. Bentlage besteht darauf, dass die Wettbewerbsfähigkeit leide. Döring betrachtet Technologien aber nicht als nationales Gut. Fuest weist darauf hin, dass jetzt nach der Kapitalglobalisierung jetzt die Güterglobalisierung komme, die viel durchdringender sei. Er mahnt, der Schlüssel für die Zukunft sei die Fähigkeit Standards zu setzen. Nur dadurch ließen sich künftig die eigenen Produkte auch an den Märkten durchsetzen.

In der kaum drei Stunden dauernden Veranstaltung wurden mehr substantielle Aussagen gemacht, als in manchen Großveranstaltung der Finanzbranche die mehrere Tage dauern. Hauck & Aufhäuser hat es für einen geschlossenen Publikumskreis geschafft, wichtige und interessante Fakten für das künftige Wirtschaftsgeschehen auf den Punkt zu bringen. Wir werden auch weiterhin exklusiv darüber berichten.

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