Die olympische Idee hat endgültig abgewirtschaftet -von Thomas Seidel-

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Entzündung des Olympischen Feuer im Hera Tempel Griechenland
Quelle: Deutschlandfunknova


Die idealistisch strahlende Idee der Olympischen Spiele der Neuzeit durch ihren Gründer Pierre de Coubertin war: "die Jugend der Welt sollte sich bei sportlichen Wettkämpfen messen und sich nicht auf den Schlachtfeldern bekämpfen". So weit so gut. Kriege wurden seit 1896 trotzdem geführt und zwar die schlimmsten, die die Welt je gesehen hat. Den Sport als ein Mittel zur Völkerverständigung einzusetzen, hat also nie funktioniert. Endgültig aber hat wieder einmal die kommerzielle Gier der olympischen Idee der Garaus gemacht. Nach Peking 2021/2022 ist es mit der olympischen Idee und Ehre jedenfalls für immer vorbei.

Würde man heute konsequent die Ergebnisse der olympischen sportlichen Wettkämpfe, z.B. nach dem ewigen Medallienspiegel der Sommerspiele in konkrete Politik umsetzen, so müssten die Machtsphären der Welt im Wesentlichen unter den folgenden fünf Nationen aufgeteilt werden: USA zu 37 %; Russland zu 23 %; Deutschland zu 19%; Vereinigtes Königreich zu 13% und China zu 9%. Gemessen an der Bevölkerung stünde Deutschland dabei sogar auf dem 1.Platz, das aber nur nebenbei. Der rechnerisch geringe Anteil Chinas ist sicher auf die besonderen politischen Umstände zurück zu führen, wie etwa die lange Abwesenheit von China an der Olympiateilnahme überhaupt. Im Verhältnis der Bevölkerungszahl an der olympischen Medallienausbeute allerdings ist der Status von China kläglich gering. Der politischen Führung Chinas sind diese Zusammenhänge schmerzlich bewusst und man wird in Peking alles tun, um diese Verhältnisse künftig zu Gunsten Chinas zu ändern. Solche Gedankenspiele zeigen aber bereits eine der negativen Entwicklungen hinsichtlich der olympischen Idee deutlich auf.

Dennoch waren die Olympischen Spiele für lange Zeit eine einigermaßen ehrenvolle Angelegenheit, sieht man einmal von den Propagandaereignissen der Nazis 1936 ab. Die "Reinheit" der olympischen Idee hing zunächst denn auch weniger von dem Status der wettkämpfenden Teilnehmer als Amateure oder Profisportler ab, auch nicht von den politischen Situationen der austragenden Länder, sondern in erster Linie von der Ablehnung von Sponsoren durch das Internationale Olympische Komitee (IOC).

Der Amerikaner Avery Brundage, IOC Präsident von 1952 bis 1972 stemmte sich noch autoritär gegen jede Art von Kommerzialisierung der Olympischen Spiele. Doch mit Juan Antonio Samaranch y Torello, IOC Präsident von 1980 bis 2001, brachen alle Dämme. Der Amateurstatus wurde abgeschafft und durch die Zulassung von Sponsoren wurden die Olympischen Spiele endgültig kommerzialisiert und damit auch sofort korrumpiert. Die Spieler wurden zu Kanonenfutter von Funktionären, Sponsoren, skrupellosen Ärzten, Medien und Politikern. Ihr körperliches Wohlergehen, geschädigt und geschändet vor allem durch Doping, wird seitdem bei allen Veranstaltungen auf dem Altar vermeintlicher Rekorde, Ruhm und Ehre aber vor allem satter Profite geopfert. 

Der seit 2013 amtierende IOC-Präsident ist der Deutsche Thomas Bach. Ein ehemaliger Fechter und damit Athlet einer Sportart, bei der es ja eigentlich immer besonders um die Ehre gegangen ist. Er hat es nicht vermocht, diesem Treiben ein Ende zu setzten. Wiederholt hat sich das IOC unter seiner Führung obskurem politischem Druck hinsichtlich Spielorten, Austragungsart, Austragungszeit und Regeländerungen gebeugt. Das ausgerechnet ein Deutscher an der Spitze des IOC diese Entwicklung zu verantworten hat, ist für die langfristig eigentlich erfolgreichste olympische Mannschaft der Welt eine bittere Pille, die geschluckt werden muss.

Die olympische Idee hat endgültig abgewirtschaftet. Olympia, das ist mittlerweile nur noch zweifelhaft. Zweifelhaft darin, wie Entscheidungen zustande kommen, zweifelhaft darin wie die Spiele durchgeführt werden, zweifelhaft darin wie die Leistungen der Athleten gerecht bewertet werden. Künftig an den Olympischen Spielen teilzunehmen wird für einige Zeit vielleicht noch etwas Ruhm einbringen, mit der Ehre an der Teilnahme ist es aber schon längst vorbei.


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