Zuviel Geld sucht händeringend Investitionen -Ein Bericht von der Handelsblatt-Jahrestagung Private Equity- von Thomas Seidel
Eine Panel-Runde auf der Veranstaltung (Quelle: Thomas Seidel) |
Professionell organisiert durch das
Handelsblatt, versammelten sich gut 130 Teilnehmer aus der Branche im
Frankfurter Jumeirah Hotel, direkt hinter dem Palais Thurn &
Taxis zu ihrer Jahrestagung. Gerne sieht man sich selbst als eine
treibende Kraft, Unternehmen auf die Beine zu helfen und Innovationen
voran zu treiben. Doch ist Private-Equity auch immer ein knallharter
Selektionsprozess. Was nichts taugt wird aussortiert. Gerade diesen
Qualitätsanspruch sieht die Branche aber durch zuviel Geld am Markt
gefährdet.
Die wirtschaftliche Lage
Einen ökonomischen Überblick
verschaffte allen Teilnehmers Holger Schmieding, Chief Economist der
Berenberg Bank. Für das kommende Jahr sehe er keine Rezession. In
einigen Sektoren gäbe es Korrekturbedarf, was sich aber nicht zu
einer allgemeinen Krise auswachsen werde. Die durch die USA
angezettelten Streitigkeiten beim globalen Handel, würden sich vor
allem gegen China richten. Wichtige Kreise in den USA wünschen sich
keine Auseinandersetzung mit Europa. Dennoch würden sich natürlich
Seiteneffekte des US-China-Streits auch auf Europa auswirken.
Holger Schmieding, Chief Economist, Berenberg Bank (Quelle: Thomas Seidel) |
Das Vereinigte Königreich sollte
viermal mehr Interesse an einem geregelten Ausgang des Brexit haben
als die Europäische Union. Ansonsten würde sich durch einen harten
Brexit vor allem Großbritannien selbst schaden. Italien habe zur
Zeit schlicht die falsche Regierung. Wenn überhaupt, so könnten nur
die Märkte diese Regierung disziplinieren. Ein Problem sieht
Schmieding eher in den Ölpreisen. Für den Dollar erwarte man in
2019 neue Zinserhöhungen seitens der FED. Insgesamt aber sollte es
im 2. Halbjahr 2019 wieder zu einem besseren Wirtschaftswachstum
kommen.
Dr. Levin Holle, deutsches Bundesfinanzministerium (Quelle: Thomas Seidel) |
Erkenntnisse der deutschen Bundesregierung
Geschmeidige Worte fand Dr. Levin Holle
vom bundesdeutschen Finanzministerium. Ja, die Finanzierung der
Realwirtschaft sei wichtig. Ja, besser Rahmenbedingungen für einen
EU-Kapitalmarkt müssten geschaffen werden. Ja, die Digitalisierung
stehe ganz oben auf der Agenda, weil man hier bereits China als
führend in der Welt ansehe. Ja, die Eurozone müsse gestärkt
werden. Ja, in einigen EU-Ländern seien Strukturreformen wichtig.
Ja, der Standort Deutschland und insbesondere Frankfurts müsse
stärker unterstützt werden. Ja, in Deutschland müsse man eine
Aktienkultur entwickeln.
Nur Herr Levin, das alles war schon vor
einem Jahr so. Das alles ist sattsam bekannt. Doch passiert ist
nichts in Berlin!
Selbstreflektion der Branche
Eine erste Panel-Diskussionsrunde
zeichnet über die Branche folgendes Bild: Private-Equity würde als
zuverlässiger Langfrist-Investor betrachtet. Diese Erkenntnis nehme
in Deutschland mehr und mehr zu. Während der letzten Finanzkrise
hätte Unternehmen, die durch Private-Equity finanziert wurden,
besser abgeschnitten und mehr Jobs geschaffen, als klassisch
finanzierte.
Doch gäbe es in Deutschland noch viele
Stolpersteine etwa für Venture-Capital. Hauptgründe seien die
deutsche Mentalität, Aufsichtregeln würde es z.B. den Pensionsfonds
schwer machen in Venture-Capital zu investieren und es fehle an
Infrastrukturen wie z.B. in 5G. Man könne sich hierzulande sogar an
dem sich reformierenden Frankreich ein Beispiel nehmen. Die Regierung
sieht als wesentliches Hindernis bei der Digitalisierung vor allem
die mangelhafte Datensicherheit („aus deutscher Sicht“ Anm. d.
Redaktion).
Erstaunlicherweise läge die
chinesische Sparrate bei 40 Prozent, daher macht den Ökonomen die
chinesische Verschuldung keine großen Sorgen. Man erwarte, das in
der nächsten Dekade die französische Wirtschaft die Deutsche
überholen werde.
Es gäbe enorme Sparraten und Kapital,
aber es fehle an der Nachfrage für Investitionen. Die Gesundung
öffentlicher Haushalte hänge in allererster Linie an einem gesunden
Arbeitsmarkt, der genügend Steuerzahler produziere, damit die
öffentlichen Schulden bestritten werden können. (Anm. der
Redaktion: An solchen Formulierungen kann man die Kälte ökonomischer
Denkweise spüren).
Johannes P. Huth, KKR im Gespräch mit Daniel Schäfer Handelsblatt (Quelle: Thomas Seidel) |
Stimme aus London
Das Gesamtbild wird abgerundet durch
Einzelstimmen. So sieht Johannes R. Huth von KKR (Kohlberg Kravis
Roberts & Co, einer großen New Yorker Beteiligungsgesellschaft)
Londoner Private-Equity Firmen nach Möglichkeiten suchen, in der EU
legal arbeiten zu können. Das müsse nicht mit einem Umzug nach
Europa einher gehen. Was Investitionen in UK angehe, habe man die
Gewinnerwartungen bereits nach unten korrigieren müssen. Der
Standort London habe an Attraktivität für künftige Talente im
Finanzsektor verloren. Huth sieht zwar keinen Talent- und
Brain-Drain, aber die Universitäten in England müssten sich mehr
als bisher auf die Bedürfnisse der Studenten einstellen.
Einsichten und Aussichten
Etwas Positives zu den neuen
Technologien weiß Hermann Dambach von Oaktree Capital zu sagen.
Deren Anwendung führe zu einer Abnahme von manuellen Aufgaben, bei
einem gleichzeitigem Anstieg des Berichtswesens, was insgesamt mehr
Zeit für die eigentlichen Tätigkeiten schaffe.
Die Branche sieht sich selbst in einer
positiven Entwicklung. Beunruhigt ist man allerdings durch das viele
im Umlauf befindliche Geld . Die Branche schätzt diese Tatsache als
gefährlich und schädlich ein. Letztlich würden deshalb
Investitionen in Unternehmen und Bereiche getätigt, die kaum
profitabel sein könnten. Damit würde Kapital vernichtet, welches an
anderer Stelle erfolgreicher hätte eingesetzt werden können.
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