IX. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich -Die stille Finanzinstitution mit großer globaler Wirkung- von Thomas Seidel

Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel
(Quelle: wikipedia Lizenz Freie Kunst)
Zentralbanken gelten als die Bank der Banken ihrer Länder oder auch als die letzte Geldquelle (lender of last resort). Die Europäische Zentralbank (EZB) bildet zusammen mit den nationalen Zentralbanken der Euro-Länder seit 1998 ein Zentralbanksystem. Die EZB ist also die eine Zentralbank des fiktiven Eurolands und damit für die gemeinsame Währung €uro die Bank der Banken.

Gebäude der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main
(Quelle: EZB)

Neben der EZB als einer supranationalen Finanzinstitution für eine Währung, gibt es aber auch zum Beispiel den Internationalen Währungsfonds (IWF). Der IWF, tätig seit 1947, ist ebenfalls eine supranationale Finanzinstitution, hervor gegangen aus dem Weltfinanzabkommen von Bretton-Woods von 1944. Aber beim IWF handelt es sich nicht um eine Zentralbank.

Zentrale des Internationalen Währungsfonds IWF
in Washington D.C.
(Quelle: wikipedia IWF)
Aus ganz anderen Zusammenhängen heraus entstand viel früher, bereits 1930 die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel. Beteiligt waren ursprünglich die Zentralbanken von Belgien, Deutschland, Frankreich und Großbritannien, sowie einige Privatbanken aus Japan und den USA. Ihre Gründung erfolgte ausschließlich für einen einzigen Zweck, die Sicherstellung der deutschen Reparationszahlung aus dem sogenannten Young-Plan infolge des Ersten Weltkrieges.

Doch entfiel dieser Gründungszweck bereits im darauffolgenden Jahr 1931, weil Deutschland wirtschaftlich zu keiner weiteren Reparationszahlung in der Lage war. Dennoch war mit der BIZ eine völkerrechtlich internationale Organisation entstanden, die bis heute in einem eigenen Rechtsstatut als spezialrechtliche Aktiengesellschaft existiert und deren Grundkapital nach wie vor in Goldfranken denominiert ist. Heute können nur Zentralbanken Anteile am Kapital der BIZ halten. Allerdings zählt die BIZ bis zu 120 Zentralbanken zu ihren „Kunden“. 

Owen D. Young (rechts) in Berlin 1924
Amerikanischer Verhandlungsführer und
Gründer der Radio Corporation of America RCA
(Quelle: wikipedia Bundesarchiv)
Überlebt hat die BIZ vor allem deshalb, weil mit ihr eine Plattform geschaffen worden war, auf der Vertreter von Zentralbanken konstruktiv und institutionalisiert miteinander kommunizieren können. Dabei bleibt die BIZ in Basel als Institution eher im Hintergrund. Man will nicht im ständigen Blitzlichtgewitter der internationalen Presse stehen. So sind seit Anfang der 1990er Jahre weitreichende Entwicklungen für das weltweite Finanzsystem und vor allem dessen Risikobeherrschung und Eigenkapitalregeln entwickelt worden. Der breiten Öffentlichkeit sind diese Regelwerke aber nicht in Bezug auf die BIZ bekannt, sondern nur unter dem Namen ihres Dienstsitzes Basel, eben als Basel I, Basel II Basel III. Zusammengefasst nennt man dieses Regelwerk auch den Basler Akkord.

Neben solchen Neuentwicklungen hat die BIZ weitere konkrete Aufgaben. So spielt sie in ihrer aller ursprünglichsten Aufgabe als Treuhänder von Währungsreserven immer noch eine wichtige Rolle. Sie wird deswegen auch gerne als Bank der Zentralbanken bezeichnet. Inzwischen legt sie auch die, an sich hochliquide gehaltenen Währungsreserven Rendite erwirtschaftend, an. Ebenso vergibt sie Kredite, die allerdings von der Weltbank und dem Internationalem Währungsfonds garantiert werden müssen. Die BIZ ist mithin integraler Bestandteil des Weltwährungssystems. Auch kam es schon vor, dass die BIZ sich an Stützungskäufen für Währungen beteiligte, wenn solche an den Devisenmärkten schon einmal zum Opfer von Spekulationen geworden sind. So hat sich die BIZ im Laufe der letzten achtzig Jahre aus einer singulären Zweckgesellschaft zu einer, für die breite Öffentlichkeit eher unsichtbaren aber, im Hintergrund des globalen Finanzsystems, hochwirksamen Institution entwickelt, für die es heute ohne weiters keinen Ersatz geben würde.

Im Gegenteil ist das Interesse an der Existenz der BIZ gerade in den letzten Jahren so groß geworden, dass alle wirtschaftlich aufstreben Länder ihre Beteiligung an der BIZ sicherstellen wollen und gerne in den verschiedenen Gremien und Fachgruppen mitarbeiten. Das war nicht immer so. Anfangs stand die BIZ unter starker Kritik, denn in der Zeit von Nazideutschland galt die BIZ als nazifreundlich und hat so manches mal dem aggressiven Dritten Reich die ein oder andere Mittelfinanzierung ermöglicht.

Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht
(Quelle: wikipedia Bundesarchiv)
Von Anfang an saß Hilters Reichsbankier Hjalmar Schacht, als Präsident der Reichsbank, in den obersten Entscheidungsgremien der BIZ. Schon deswegen und wegen der Bereitschaft der BIZ dem völkermordenden Nazideutschland auch noch als Hort etwa geraubter Goldschätze zu dienen, wollte insbesondere der amerikanische Finanzminister von US-Präsident Franklin Delano Roosevelt Henry Morgenthau am liebsten die BIZ wieder abgeschafft.

Doch es war der Engländer John Maynard Keynes der sich gegen Morgenthau durchsetzen konnte. So überlebte die BIZ nicht nur Anfeindungen während des 2. Weltkriegs. Nach dem Zweiten Weltkrieg öffnete sich die BIZ auch osteuropäischen Ländern und verbreiterte damit schon früh ihren Wirkkreis und ihre Expertise.

Henry Morgenthau jr.
Finanzminister unter dem Amerikanischen Präsidenten
Franklin D. Roosvelt
Gemälde von David Silvette
(Quelle: wikipedia gemeinfrei)



Die BIZ ist auch von ihrer Mitarbeiterstruktur her sehr international aufgestellt. Die derzeit rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen aus 53 Ländern. Oberstes Entscheidungsorgan ist die Generalversammlung in der aktuell 56 Zentralbanken und Währungsbehörden stimmberechtigte Mitglieder sind. Wie bei einer Aktiengesellschaft üblich, entscheidet die Generalversammlung über Jahresbericht und Jahresabschluss, sowie die Gewinnverwendung und die Buchprüfung.



Im neunzehnköpfigen Verwaltungsrat, der aktuell von dem Franzosen Christian Noyer präsidiert wird, wird die Geschäftspolitik der BIZ bestimmt, sowie deren strategische Ausrichtung festgelegt und die Geschäftsleitung überwacht.

Als eine Besonderheit gilt, dass die Präsidenten der Gründungsbanken, sowie der Vorsitzende des Board of Governours der amerikanischen Notenbank ex officio (also aufgrund ihres Amtsmandats) Mitglieder des Verwaltungsrates sind, während die anderen Mitglieder in dieses Gremium hinein gewählt werden. Der Verwaltungsrat bestimmt auch die Geschäftsleitung der BIZ. Das ist seit 1948 der Vorsitzende des Verwaltungsrates, der auch gleichzeitig der Präsident der BIZ ist. 

Christian Noyer
Gouverneur der Banque de France
(Quelle: Banque de France)
Daneben gibt es für die Executive einen Generaldirektor, der immer auch der Stellvertreter des Präsidenten ist. Zur Zeit bekleidet das Amt der Generaldirektors der Spanier Jaime Caruana. Der Generaldirektor wird seinerseits von einem Stellvertreter unterstützt, sowie von den Leitern der drei Hauptabteilungen für das Generalsekretariat, die Bankenabteilung, die Währungs- und Wirtschaftsabteilung, sowie den Direktor des Rechtsdienstes.

Besonders an der BIZ ist, dass die Zentralbanker hier ganz unter sich sein können. Keine Regierung, kein Tagespolitiker stört den Gedankenaustausch unter ihnen. Hier finden sie den Platz, über die immer schwieriger werdenden Anforderung der globalen Finanzvernetzung nachdenken zu können. Gleichwohl steht die BIZ, besonders seit der letzten Finanzkrise, unter Kritik.

An keiner Stelle der Welt liegen mehr und bessere Informationen über das Finanzgeschehen zur Auswertung vor. Die Forscher der BIZ sahen tatsächlich frühzeitig die aufkommenden Probleme, etwa der US-amerikanischen Hypothekenfinanzierung, heranziehen. Warum haben die Zentralbanker, so der Vorwurf, nicht entsprechend früh gegen gesteuert? 

Antikapitalistische Demonstration in London am 1.April 2009
in Folge der Finanzkrise
(Quelle: Bank of England Jonny White CCL)
Allein die Erkenntnis über ein mögliches Problem und die Chancen es im Kontext aller anderen wirtschaftlichen und politischen Aspekte angehen zu können, sind zweierlei Paar Schuh. Man darf auch nicht außer Acht lassen, das die Zentralbanker nicht die gewählten Vertreter der Nationen sind, deren Währungsinteressen sie wahrnehmen. Zentralbanker sind im Idealfall weitestgehend unabhängig von den Weisungen ihrer Regierungen. Sie sind aber auch immer nur einer von vielen Ratgebern einer Regierung.


Wie diese als Einzelne oder im Zusammenspiel mit anderen Regierungen, etwa der G 20-Gruppe, mit solchen Ratschlägen umgehen, wird sich immer nur im Bereich des politisch gerade Machbaren bewegen. Selbst dieses Machbare richtet sich für den Politiker nach innen- und außenpolitischen Gegebenheiten und das ist stets eine fragile Angelegenheit. 

Länder der G-20 Gruppe
(Quelle: wikipedia Marcin n CCL)

Dennoch hat es die BIZ vermocht, mehr als viele andere Institutionen, konkrete Grundlagen für ein modernes internationales Finanzwesen zu erarbeiten. Gerade die Regelungen nach Basel II sind ein revolutionärer Durchbruch im Umgang mit den Geschäftsrisiken von Banken. Erstmals können Risiken nicht nur nach starren Kategorien pauschal berechnet werden.

Drei-Säulen-Modell von Basel II
(Quelle: wikipedia Andreas Griessner)

Vielmehr hat das Regelwerk von Basel II es ermöglicht, dass Banken ihre Geschäftsrisiken angepasst an ihr Geschäftsmodell betrachten können. Dabei werden auch risikomindernde Faktoren bei der Berechnung des haftenden Eigenkapitals mit berücksichtigt. 

Das in der aktuellen europäischen Staatsschuldenkrise immer öfter nach einer verstärkten Eigenkapitalausstattung der Banken gerufen wird, ist von der BIZ schon seit langer Zeit dringend empfohlen worden. Dort hält man eine Mindestkapitalisierung von 8 Prozent der Risikoanlagen für erforderlich. Doch hat es nationale Gesetzgebung bis heute nicht geschafft diesen Wert stringent für ihre Kreditwirtschaft durchzusetzen. In Basel jedenfalls werden Entwicklungen weit voraus gedacht, nicht mehr und nicht weniger. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich kann und darf nicht eine Weltregierung in Sachen Finanzpolitik sein.


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