Von Leberknödelsuppe und Hochenergietrassen -Über eine bundesweite Ausdehnung der CSU- von Thomas Seidel

Wildbad Kreuth
(Quelle: wikipedia J.Patrick Fischer)

In jüngster Zeit wird immer wieder kolportiert, dass eine bundesweite Ausdehnung der Christlich Sozialen Union (CSU) eine sinnvolle politische Neuerung für die Bundesrepublik Deutschland wäre. Befürworter solcher Gedanken sehen traditionell die CSU rechts von ihrer Schwesterpartei CDU. Sie glauben, die CSU sei das natürliche Sammelbecken stramm konservativer Wähler und damit beispielsweise ein Gegenmodell zur als zu radikal empfundenen Partei Alternative für Deutschland (AfD). Man glaubt, viele Mitglieder und Wähler der AfD würden sich nur deshalb dieser Partei zuwenden, weil es ihrer Meinung nach an einer „anständigen“ und etablierten rechten Partei in Deutschland fehle. Eine Lücke die eine CSU mit ihrem Personal und ihrer Erfahrung leicht füllen könne.

Solchen Vorstellungen aber steht die traditionelle Wirklichkeit der CSU entgegen. Die CSU ist zunächst und zutiefst eine bayrische Partei. Von kurzen Unterbrechungen abgesehen, übt die CSU seit der Neugründung Bayerns nach dem 2. Weltkrieg landespolitisch nahezu die Alleinherrschaft aus. Wichtiger aber ist ihre Verankerung in der Breite des Landes. So hat bei den letzten Kommunalwahlen in Bayern die CSU 45 von 58 Landratssitzen für sich gewonnen. In 12 von 25 kreisfreien Städten stellt die CSU den Oberbürgermeister. Diese traditionell starke Verankerung der Regierungspartei in ganz Bayern spiegelt sich natürlich auch bei den Funktionärsträgern innerhalb der Partei wider.

Leberknödelsuppe
(Quelle: wikipedia CCL Urheber Robert Kindermann)
Vor diesem Hintergrund stelle man sich nun einmal vor, die bayrische CSU würde sich bundesweit ausdehnen. In fünfzehn nichtbayrischen Bundesländern entstünden Landesverbände der CSU, so etwa in Hamburg, in Nordrhein-Westfalen und damit überhaupt im Rheinland, in Sachsen, in Hessen und Thüringen, gar in Brandenburg und Berlin, in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein, in Niedersachsen und im Saarland, in Bremen genauso wie in Rheinland-Pfalz, upps das Rheinland hatten wir doch gerade schon, noch dazu in Sachsen-Anhalt und natürlich nicht zu vergessen sogar auch in Baden-Württemberg. All diese Landesverbände würden lokale CSU-Landesparteichefs wählen und eine Menge anderer landesbezogener Parteifunktionäre. Keiner von denen wäre aber je der bayrischen Sprache und Mentalität mächtig. Das verwässerte doch sofort die bayrische Leberknödelsuppe.

Lehnen wir uns einen Augenblick mal zurück und träumen von einem bundesweiten CSU-Parteitag. Glaubt wirklich jemand daran, dass sich eine Mehrheit nichtbayrischer Parteitagsdelegierter auf Dauer eine ausschließlich bayrische Bundesparteiführung gefallen ließe? Welche Farben soll den eine bundesweite CSU in ihrem Banner haben? Blau-Weiß oder besser Schwarz-Grün? Aber bestimmt nicht die Regenbogenfarben, nein das ginge dann mit der CSU wirklich zu weit! Denkt tatsächlich jemand, man könne es in Bayern eines Tages ertragen einen CSU-Ministerpräsidenten der, sagen wir mal aus dem Rheinland stammt, in der Münchner Staatskanzlei sitzen und regieren zu sehen? Um es einmal konkreter zu machen: Würde ein nichtbayrischer CSU-Politiker die Interessen der bayrischen Wirtschaft genauso vehement vertreten und bundespolitisch durchsetzen, wie es einem bayrisch-bayrischen Ministerpräsidenten gelänge? 

Hochspannungsleitung Donaumast
(Quelle: wikipedia GNU-Lizenz Urheber: MdE
 Donaumast.jpg, © MdE auf Wikimedia Commons,
Lizenz: GFDL 1.2+ oder CC-BY-SA 3.0“
Wie würde die Frage einer Hochenergie-trassenführung von der Nordsee bis nach Bayern wohl ausgegangen sein, wenn eine amtierende bayrische Ministerpräsidentin zu diesem Zeitpunkt vielleicht schon Julia Klöckner geheißen hätte? Wären die engen traditionellen Verflechtungen der CSU auf kommunaler Ebene mit der lokalen Wirtschaft und den örtlichen Granden weiterhin noch so eng pflegbar, wie es bisher seit Jahrzehnten der Fall ist. Zu guter letzt, wen könnte denn bitte Kardinal Marx noch anrufen, wenn in der Münchner Staatskanzlei auf einmal ein sächsischer Protestant regieren würde?


Sind solche Träume lächerlich? Nein, sie sind ein reales Schreckenszenario! Schon einmal hat die CSU unter der Führung von Franz Josef Strauß der CDU mit einer bundesweiten Ausdehnung gedroht. Das galt aber der Disziplinierung der CDU, unter der damaligen Führung des seitens der CSU so ungeliebten Helmut Kohl. Selbst Franz Josef Strauß wusste sehr wohl, dass eine bundesweite Ausdehnung der CSU langfristig deren bayrischen Untergang bedeuten würde. Damit aber auch unter Umständen einen Niedergang Bayerns selbst. Nur eine rein bayrische CSU kann den Willen und die Kraft entwickeln, bayrische Landesinteressen bestmöglich in Bayern, im Bund und gerne mal auch gegenüber Österreich zu vertreten. Man wird es sich in der Münchner Parteizentrale und wohl auch in Wildbad Kreuth mehr als zweimal überlegen, ob man mit einer bundesweiten Ausdehnung langfristig den Abgesang auf die eigene Partei einleitet.

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