Debitos, bietet die Marktlösung für notleidende Kredite von Thomas Seidel
Die Mannschaft von Debitos arbeitet an konkreten Lösungen für notleidende Kredite (Quelle: Thomas Seidel) |
Europa kämpft zur Zeit mit einem
Berg von notleidenden Krediten (non performing loans ) im
Bankensektor. Zuletzt hat die EU-Kommission bei ihrer Tagung in Malta
um Lösungen für das Problem gerungen. Die EU-Bürokratie setzt vor
allem auf die Auslagerung von Problemkrediten in sogenannte Bad
Banks. Deren Zeithorizont beträgt aber zehn bis fünfzehn Jahre.
Viel zu langsam für schnell agierende Kapitalmärkte. In dieser
Situation bietet das FinTech-Unternehmen Debitos neue Lösungsansätze
an, die sich an den Bedürfnissen aller Beteiligten orientieren und
für schnelle unbürokratische Abhilfe sorgen. Wir trafen dieser Tage den Gründer
und CEO von Debitos Timur Peters zu einem Interview. Er gewährte
dabei Einblicke und Ausblicke in diesem Geschäft.
Die Begegnung mit Timur Peters fand in
den Geschäftsräumen von Debitos in Frankfurt statt. In einer
unkomplizierten und angenehmen Umgebung, arbeitet eine Mannschaft,
die konzentriert an wichtigen Lösungen für die Probleme
europäischer Kapitalmärkte arbeitet.
Das Geschäftsmodell von Debitos
Debitos betreibt ein B2B-Geschäft.
Verbraucher und Privatleute können die Plattform von Debitos nicht
nutzen. Debitos selbst versteht seine Online-Plattform als einen
virtuellen Marktplatz. Dort können vor allem Banken, aber auch
Firmen und Fondsgesellschaften illiquid gewordene Kredite
potentiellen Käufern anbieten. In der Öffentlichkeit ist oft die
Rede von einer Online-Börse, das trifft allerdings nicht den Kern.
Die Plattform von Debitos und ihre Mechanismen weisen alle Merkmale
einer Auktion auf. Das liegt auch daran, dass die meisten
Verkaufsobjekte Unikate sind. Die vertragliche Ausgestaltung der
illiquiden Kredite ist viel zu individuell, um, wie an einer Börse
üblich, austauschbar gehandelt werden zu können. Das Ziel dieses
Geschäfts ist, dass die Verkäufer sich von problematischen
Forderungen trennen können und so ihre Bilanzen bereinigen.
Selbstverständlich führt das insbesondere bei den Banken auch zu
einer Entlastung des risikovorsorgenden Eigenkapitals. Ein weiterer
positiver Nebeneffekt sei, so Peters, die Möglichkeit einer immer
praxisnäheren Preisfindung.
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Timur Peters Gründer und CEO von Debitos (Quelle: Debitos) |
Als potentielle Käufer treten
verschiedene Investoren auf. Diese würden bei der Abwicklung eines
illiquiden Kredits zum Teil viel flexibler agieren, als das eine Bank
typischerweise könnte. Es gibt Beispiele dafür, dass Investoren
Kreditnehmern einen Vergleich anböten, den diese tatsächlich
schnell akzeptieren würden und sich ihrerseits so selbst von ihren
Schulden entlasten. Am Ende könnten alle als Gewinner da stehen. Die
Banken bauen faule Kreditportfolios ab und gewönnen Luft bei ihrer
Eigenkapitalbelastung. Die Investoren realisierten auch in
zinsschwachen Zeiten noch auskömmliche Renditen. Die ursprünglichen
Kreditnehmer schließlich könnten wieder Handlungsspielraum
erlangen. Und nicht zuletzt verdiene Debitos natürlich an seiner
vermittelnden Dienstleistung.
Immer kritisch würde das Thema
Verbraucherkredite im Zusammenhang mit einem Forderungsverkauf durch
den ursprünglichen Kreditgeber gesehen. Tatsächlich liege der
Anteil von Verbraucherkrediten, die über Debitos vermittelt werden,
bei rund 20 bis 25 Prozent. Nach neuen Regelungen käme es bei diesem
Prozess nicht mehr zu Gebührenaggregationen aller möglichen am
Inkasso beteiligter Dritter, wie etwa Rechtsanwälten. Mit den
Vermittlerkosten von Debitos würde der Verbraucher erst gar nicht
belastet. Die trage ohnehin der Verkäufer von Forderungen. Das
Geschäftsmodell von Debitos sei also nicht dazu da, sich an den
Verbrauchern zu laben.
Unternehmensentwicklung
Für ein Start-up im B2B-Geschäft habe
sich Debitos erstaunlich schnell entwickelt. Bereits viereinhalb
Jahre nach der Gründung sei das Unternehmen nicht nur profitabel,
sondern erwirtschafte bereits eine Rendite für seine eigenen
Investoren. Bereits Ende letzten Jahres sei man an einem Punkt
angelangt, an dem mehr Neugeschäft von außen an Debitos heran
getragen würde, als man selbst akquirieren müsse. Dadurch
entstünden Skaleneffekte. Ab diesem Moment würde immer schneller
Geld verdient. Man erwarte, dass der Umsatz in 2017 beim 3 ½ bis 4
-fachen des Wertes von 2015 liegen werde.
In solchen Büros entstehen Zukunftsmodelle (Quelle: Thomas Seidel) |
Neben dem Verkauf von offenen
Forderungen habe Debitos versucht, das Factoring auf dem
Online-Marktplatz zu integrieren. Tatsächlich sei das klassische
Factoring dem Geschäftsmodell von Debitos ursprünglich ähnlich.
Allerdings seien in den vergangenen Jahren die Margen im Factoring
drastisch gesunken, so dass sich dieses Geschäft nur noch mit sehr
großen Skaleneffekten profitabel betreiben lasse. Die Refinanzierung
von kleinen und mittelständischen Unternehmen sei inzwischen zu
günstig geworden, als dass sich hier noch tragfähige Margen für
das Factoring realisieren lassen. Im Zweitmarkt für notleidende
Kredite aber habe Debitos ein Alleinstellungsmerkmal.
Auslandsexpanison
Entstanden sei Debitos in Deutschland,
für einen Markt mit vergleichsweise wenig Problemkrediten. Deshalb
habe man im Gesellschafterkreis beschlossen, sich weiteren
europäischen Märkten zu öffnen, wie Portugal, Spanien, Italien und
Griechenland . Konkret gäbe es bereits jetzt auf der
Debitos-Plattform mehr Geschäftsvolumen mit dem Ausland, obwohl die
Auslandsbüros noch gar nicht existieren. In Italien zum Beispiel,
liege das durch Debitos vermittelte Volumen bereits bei über 2
Milliarden Euro. Dort, wie auch in Spanien, sei der Online-Marktplatz
akzeptiert und sehr gefragt. In beiden Ländern erweise sich die
Plattform als sehr effektiv und man sei dort durstig auf praktikable
Lösungen für den Umgang mit NPL. Auch gäbe es bei den dortigen
Banken nicht solche Berührungsängste wie sie deutsche
Kreditinstitute noch immer pflegen. Da Debitos bereits in Deutschland
erfolgreich alle notwendigen Erfordernisse erfülle, reiche das
südlich der Alpen bereits als Qualitätsmerkmal aus. Die Entwicklung
dort gehe rasant vorwärts. Noch in 2017 sollen Büros in Mailand und
Madrid eröffnet werden. Für 2018 ist ein Büro in Wien geplant, als
zentraler Ausgangspunkt für eine Ausdehnung in Richtung Osteuropa.
Bereits 2016 wurde ein Büro in London eröffnet. Dessen Schwerpunkt
sei aber der Kontakt zu möglichen Investoren auf der Käuferseite.
Auch möchte man etwa in Brüssel oder Luxemburg vertreten sein, um
ein Ohr für die Entwicklungen in der Europäischen Union zu haben.
Im Zuge dieser Expansion habe man bei
Debitos die Plattform inzwischen geöffnet. Besonders Transaction
Advisor, etwa von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder
Investmentbanken, könnten die Debitos-Plattform nun direkt nutzen,
um die Kreditportfolien ihrer Kunden selbst zu vermarkten. In diesem
Zusammenhang stelle Debitos dann eine Art Infrastruktur-Provider dar.
So würde Debitos mehr und mehr zu einem Handelsplatz und sei selbst
weniger in der Kundenbetreuung involviert.
Zukunftsaussichten
Die Entwicklung bei Debitos bleibt
nicht stehen. Was noch vor wenigen Jahren mit einer
Verwertungsmöglichkeit für notleidende Kredite begann, wird
inzwischen für neue Geschäftsfelder weiterentwickelt. Parallel zur
Auslandsexpansion tüftelt man an neuen Assetklassen für „performing
loans“, bei denen sich die Kreditgeber oftmals für fünf bis zehn
Jahre an ihr Engagement binden. Bislang haben sie dabei jedoch kaum
eine Exit-Möglichkeit aus ihrem Investment und müssen bis
Laufzeitende die Füße stillhalten. Da könnte es vor allem bei
Änderungen der Marktzinsen interessant sein, ein Kreditportfolio
auch mit gut bedienten Krediten gegebenenfalls neu zu ordnen. Solche
performing loans würden bereits jetzt bei Debitos gehandelt.
Ähnliches ergäbe sich aus Aktivitäten anderer FinTechs, deren
Geschäftsmodell die Vermittlung von „peer-to-peer-Krediten“ sei.
Manchmal stünden dort die Investoren vor der Notwendigkeit, bereits
nach zwei bis drei Jahren aus einer Kreditvergabe wieder
auszusteigen. Gleich in welche Richtung sich ein Vermittlungsbedarf
ergibt, auf der Plattform von Debitos ließe sich das alles
darstellen.
Die zukünftige Richtung von Debitos
ist klar. Man strebe an, ein Zweitmarkt für alle Arten von Krediten
zu werden. Am Ende will man Kredite handelbar machen wie ein
Wertpapier, auch ohne dass der Kredit dazu verbrieft ist. Das passt
zu den heutigen Zeiten mit ihren hohen Anforderungen an flexible
Lösungen und der immer wichtiger werdenden Liquidität. In Richtung
Europa lautet die Botschaft: Warum sollte sich Europa eine Bad Bank
wünschen, wenn es ein europäisches Handelssystem aufbauen könnte?
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