Von der Rolle -Eine gesellschaftskritische Betrachtung- von Thomas Seidel

Der Anblick solcher leeren Rolle scheint Panik auszulösen
Quelle: wikipedia, GNU-Lizenz Urheber: Neptuul


Deutschland ist bekannt als das Land der Sparer und Schnäppchenjäger. Gefühlt trifft dies schon unter normalen Umständen besonders auf den Verbrauch von Wasser und Toilettenpapier zu. Keine guten Voraussetzungen für einen sauberen Stuhlgang also. Umso erstaunlicher ist, dass vor dem Hintergrund der Corona-Krise, ausgerechnet Klopapier ganz oben auf der Liste der Hamsterkäufer zu stehen scheint.

Bekannt in Deutschland ist ein Witz, wie sich nach einer Darmentleerung mit nur einem Blatt Klopapier angeblich gründlich die entsprechende Körperstelle wieder reinigen lässt. Wie dem auch sei, wissenschaftlich wurden jedenfalls die kulturell sehr unterschiedlichen Reinigungsgewohnheiten untersucht und verglichen. In einer weltweit führenden Nation zum Beispiel, faltet man aus viel Klopapier eine Art Büschel. Hierzulande hingegen wird Blatt für Blatt aufeinander gestapelt und damit dann die Arbeit verrichtet. Wieviel Blatt Klopapier auf den Stapel kommen, ist dann wohl individuell und fallbezogen, aber auch von der Lagigkeit des Klopapiers abhängig. Zwei-, drei- oder vierlagig macht da schon durchaus enorme Unterschiede. Aus Umweltgesichtspunkten spielt dann wohl noch eine Rolle, ob das Papier gebleicht wurde oder nicht und ob es eher weich daher kommt oder man damit richtig ordentlich was abschmirgeln kann. Über die Herstellung von recyceltem Klopapier wollen wir hier lieber nicht wirklich nachdenken.

Zu DDR-Zeiten wurde damit gerubbelt
Quelle: wikipedia, CCL, Urheber: Ludwig, Silvio
Weil man Wasser sparen will, wird pro Spülgang wohl die maximale Wegspülmenge an Klopapier genutzt, also kurz bevor der eigene Thron verstopft. Sehr zum Ärger der Kanalisationsarbeiter, die die Haufen schlecht gespülter Abgänge dann in den unterirdischen Röhren von Zeit zu Zeit mit Hochdruckreinigern auf die eigentlichen Zielgeraden im Kanal bringen müßen. Aber Deutschland ist ja bekanntlich auch Kärcherland! Man verfügt daher über die weltweit wirksamste Technologie zum Entfernen von eh... einfach Allem was sonst noch stopft.

Aber zurück zur Toiletten-Papier-Versorgungskrise (TPVK: gleich mal eine praktische Abkürzung erfinden; vielleicht hören wir ja demnächst in den Nachrichten vom TPVK-Index wie er steigt und fällt, wenn schon der DAX keine Freude macht). Dann machen wir eine kleine Rechnung auf: Am Beispiel der oben erwähnten  Ein-Blatt-Benutzer und unter der Annahme, dass pro Person ein Stuhlgang pro Tag zugrunde gelegt werden muss. In einer Standard-Großpackung sind etwa 10 Rollen a' 200 Blatt. Das sind also 2.000 Blatt. Fix nachgerechnet langt eine solche Packung für fast fünfeinhalb Jahre, also für den besagten Ein-Blatt-Benutzer. Und wenn selbst pro Wisch großzügig 3 mal 3 Blätter benötigt werden (das ist gegenüber dem Ein-Blatt-Benutzer eine Steigerung von sage und schreibe 900 Prozent!), würde die Packung immer noch über 200 Tage reichen. In diesem Zeitraum zwischen 200 Tagen und fünfeinhalb Jahren dürfte die Corona-Krise längst über die Menschheit hinweg gerauscht sein. Bedenklich ist auch, dass die Nachfrage etwa nach Babywindeln nicht so dramatisch angestiegen ist, wie eben die nach gemeinem Klopapier.

Das richtige Blättern ist eine Wissenschaft für sich
Quelle: wikipedia, gemeinfrei, Urheber: Klebeband
Es muss also innerhalb kürzester Zeit entweder zu einer massiven Verhaltensänderungen bei deutschen Erwachsenen gekommen sein, was eine dringende Aufgabe der Soziologen wäre die Ursache zu untersuchen! Oder wir haben es schlicht mit einem wirtschaftlichen Spekulationsobjekt zu tun. Es ist durchaus denkbar, dass der Ein oder Andere in dieser zinslosen Zeit sein Geld lieber in alternative Papiere als die festverzinslichen Wertpapiere investiert, in der Hoffnung, dass diese eine kräftige Rendite abwerfen. Die Deutsche Bundesbank sollte gleich einmal statistisch untersuchen, ob es etwa einen Zusammenhang zwischen dem Verkauf von Staatsanleihen und den Umsatzzuwächsen beim Klopapierverkauf gibt.

Deutschland auf der Suche nach der alternativen Geldanlage
Quelle: wikipedia, GNU, Urheber: Ewkaa

Für Spätanleger ist der Hype jedenfalls sowieso schon gelaufen. Wegen der unterbrochenen Lieferketten kann die Ware jedenfalls nicht ausserplanmäßig nachgefüllt werden. Die Gewerkschaften werden auf keinen Fall noch mehr Überstunden für eine erhöhte Klopapierproduktion zulassen. Ganz im sozialistischen Sinn steckt das ganze Land und Jedermann aus jeder Gesellschaftsschicht in der gleichen Schei.... Das Land ist jetzt schon von der Rolle.

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