Unwillige Beamte verursachen den Corona-Gau von Thomas Seidel



Wiener Pestsäule Am Graben. Werden wir künftig Mahnmale an die Opfer von Corona errichten müssen? (Quelle: wikipedia, GNU-Lizenz, Urheber: Briséis)


Als ob die Seuche Corona nicht schon das Schlimmste wäre, was Europa seit den Pest-Epidemien des Mittelalters als gesundheitliche Bedrohung zu überstehen hat, fallen die Beamten ihrer Länder der Bevölkerung durch Trägheit, passiven Widerstand und bewusste Opposition in den Rücken. Die Politik allerorten scheint dagegen machtlos zu sein.

Durch die erste Coronawelle schien noch ein Jeder überrascht worden zu sein. Trotz jährlich neuer und immer schlimmer werdenden Grippewellen, war kein Gesundheitssystem in Europa (ganz zu schweigen von der übrigen Welt) auf den Angriff eines so tödlichen Virus wirklich vorbereitet. Jahrzehnte lang hat das falsche Credo von der unbedingten Profitabilität der Gesundheitssysteme die breite ärztliche Versorgung gefährdet. Angebliche Überkapazitäten im Krankenhauswesen wurden abgebaut. Jegliche notwendige Bevorratung und Vorsorge auf ein Minimum zurück gefahren.

In der Pharmaindustrie ging es nicht anders zu. Die Produktion von Rohstoffen zur Medikamentenherstellung und sogar von hochwertigen Medikamenten selbst wurde aus Kostengründen in Länder verlagert, deren Qualitätsmaßstäbe schon seit längerer Zeit zunehmen von Fachleuten in Frage gestellt wurden. Bei der Belieferung vieler medizinischer Produkte hat sich Europa abhängig von meist fernöstlichen Lieferanten gemacht.

Als die Seuche Corona dann ausbrach, war nichts Notwendige ausreichend bevorratet vorhanden. Nicht genug Atemmasken, Schutzhandschuhe, ganz zu schweigen von Intensivbetten, medizinischem- und Pflegepersonal. Brutale Beschaffungskämpfe waren die Folge. Flugzeuge, beladen mit medizinischen Produkten für Europa, wurden von militärisch drohenden Mächten einfach gekapert und umgeleitet. Europa fand keine Antwort.

Doch die wirkliche Gesundheitsbedrohung steckt im Inneren Verwaltungsapparat der europäischen Länder. Eine Ahnung wie es werden würde, bekam man während der letzten Sommermonate in Deutschland im Schulwesen. De facto hatten die Verantwortlichen Schulämter und Kultusministerien von März 2020 bis August 2020 satte sechs Monate Zeit tragfähige und belastbare Bildungssysteme zu errichten, mit denen Schülern, Auszubildenden und Studenten eine moderne alternative Bildung auch unter den Bedingungen einer virulenten Massenseuche angeboten hätte werden können. Passiert ist nichts!  Statt dessen völlige Trägheit bei den Lehrkörpern, Graben- und Klassenkämpfe in Kultusministerien und Schulämtern über die ideologische Frage, ob überhaupt und falls ja Unterricht digitalisiert werden sollte. Initiativen von Eltern, z.B. auf eigene Kosten Belüftungssystem anzuschaffen, um den Präsenzunterricht aufrecht zu erhalten, wurden von der Bürokratie mit fadenscheinigen Hinweisen auf nicht vorschriftsmäßige Technik wieder zunichte gemacht.

Das alles steigerte sich dann in der zweiten Corona-Seuchen-Welle ab November 2020 ins Absurde. Die Art und Weise wie die ersten erprobten Impfstoffe von den zuständigen Gesundheitsbehörden in ihrem Einsatz immer wieder hinaus gezögert wurden, machte deutlich, wie arrogant Behörden das Leben von Tausenden von Menschen einfach aufs Spiel setzten, nur damit die Wege ihrer Vorschriften nicht gestört werden. Was die Zulassung von Impfstoffen angeht, ging es wohl weniger um die Klärung von medizinischen und pharmakologischen Fragen, als vielmehr um die Bewertung juristischer Haftungsfragen, mit all ihrer bekannten juristischen Trödelei. Wie beispiellos frech, arrogant und menschenverächtlich die Behörden mit der Seuche umgingen, zeigte sich dann, als sich bei der Zulassung in Europa alles auf die weihnachtliche Feiertagszeit zuspitzte. Sowohl die europäischen wie auch die deutschen Zuständigen hatten zunächst den Schneid, für die Zulassung ein Datum erst nach den Weihnachtsfeiertagen anzukündigen. Ausschließlich um die Feiertagsruhe der Beamten nicht zu beeinträchtigen. Als darüber dann der Sturm der Entrüstung losbrach, ging es auf einmal schneller, aber nicht unbürokratischer.

Kaum waren Impfstoffe zugelassen, stellte sich heraus, dass es überhaupt nicht genügend Produktionskapazitäten für eine auch nur annähernd zeitnahe Versorgung der europäischen Bevölkerung in den nächsten acht Wochen gibt. Während andere aussereuropäische Länder mit Tricks sich bei der Bestellung von Impfstoff von europäischen Herstellern Vorteile verschafft haben und damit prahlen ihre Bevölkerung bis Ende März herdenimmunisiert zu haben, stehen die europäischen Bürger wieder mal als die dummen, von ihren Beamten verarschten, Schafe da, die sich gefälligst bis weit in den Sommer 2021 zu gedulden hätten.

Für die unverschämte Art und Weise behördlich passiven Widerstands kann jede Woche die täglich fällige Meldung der aktuellen Coronazahlen heran gezogen werden. Wie kann es sein, dass über das Wochenende keine oder nur bruckstückhafte Zahlen an das Robert-Koch-Institut gemeldet werden, nur weil einige Länderbehörden an Wochenenden meinen nicht arbeiten und damit melden zu müssen. Es ist nicht hinnehmbar, dass Ämter auch dann fröhlich ins Wochenende gehen, selbst wenn täglich Menschen an der Seuche sterben.

Nicht genug mit all den bürokratischen Behinderungen bei der medizinischen Seuchenbekämpfungen. Jetzt stellt sich heraus, dass die wirtschaftlich Hilfebeantragenden auch noch von ihren Regierungen getäuscht worden sind, obwohl zur Abfederung wirtschaftlicher Folgen der Corona-Seuche tausende von Milliarden an Hilfsgeldern auf Europäischer-, Bundesstaatlicher- und Länderebene verabschiedet worden sind. Wieder sind es die Beamten, die mit dem Kleingedruckten erst im Nachhinein heraus rücken, als ginge es um ihr persönliches Privatvermögen und nicht um zigtausende von menschlichen Einzelexistenzen und Schicksalen.

Die Politik steht dem scheinbar machtlos gegenüber oder will es einfach nur so geschehen lassen. Man hat den Eindruck, was Kanzler, Ministerpräsidenten oder gar Staatspräsidenten beschließen, der exekutiven Beamtenschaft scheint es egal zu sein. Sie machen weiter Dienst nach Vorschrift. Die Verantwortung für alle coronabedingten Todesfälle, die ab April 2021 in Europa noch zu beklagen sind, muss man dem passiven Widerstand dieser Beamtenschaft anrechnen. Menschenfreundliche Juristen sollten einen Weg finden, die Körperschaft der exekutiven Beamten Europas dafür  vor dem europäischen Menschengerichtshof zur Verantwortung zu ziehen. Es steht allerdings zu befürchten, dass dies Wunschdenken bleiben wird.

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