VII. Banque Centrale de Luxembourg -Eine junge Institution des Landes- von Thomas Seidel
Banque Centrale du Luxembourg Hauptverwaltung
(Quelle: Tageblatt Stefan Osorio-König)
Voila, seit dem 1. Juni 1998,
zeitgleich mit der Gründung der Europäischen Zentralbank, hat das Großherzogtum
Luxembourg auch eigens eine Zentralbank, die diese Bezeichnung in ihrem Namen
trägt. Scheinbar eine der jüngsten Zentralbanken der Welt. Letztlich schon
deswegen als solche gegründet, weil das System des Euro, als gemeinsamer
europäischer Währung, voraussetzt, dass ein jedes Mitgliedsland eine eigene
Zentralbank hat.
Dexia Building Luxembourg
(Quelle: wikipedia Gnu-Lizenz Spone)
Dabei ist es ja nicht so, dass es nicht schon eine
zentralbankähnliche Institution in Luxembourg gegeben hat. So wurde 1856 mit
der Banque International à Luxembourg ein Finanzinstitut gegründet, dass auch
das Recht zur Notenausgabe hatte. Heute ist diese Bank in der Dexia Bank
aufgegangen, einem Kreditinstitut mit Hauptsitz in Brüssel, das sich
überwiegend mit der Finanzierung der öffentlichen Hand beschäftigt. Mit den politischen
Entwicklungen im 19. Jahrhundert ging dann 1873 die Gründung der Banque
Nationale du Grand-Duché de Luxembourg einher. Diese Bank hatte nicht nur das
Recht auf Notenausgabe in einer Währung, sondern sogar auf drei. Zunächst in
Thalern und Francs, später auch in Mark. Sicherlich im Europa der damaligen
Zeit ein einmaliger Vorgang. Doch bereits 1881 wurde die Funktion der Banque
Nationale wieder beendet. In 1914 wurden die Banknoten der Banque
Internationale à Luxembourg schließlich gesetzliches Zahlungsmittel und in
einem großherzoglichen Erlass von 1918 ist erstmals von einem „Luxembourger
Franc“ die Rede.
Hauptsitz der alten Staatsbank
(Quelle: wikipedia VT98Fan)
In der weiteren Entwicklung
schließt sich das Großherzogtum mit Belgien zu einer Wirtschaftsunion zusammen
und es gibt eine feste Wechselkursparität zwischen Belgischem und Luxembourger
Franc. Ab 1935 werden belgische Noten und Münzen gesetzliches Zahlungsmittel
und so bleibt es fortan, bis ab dem 1.Januar 1999 der Euro zunächst als
Buchgeld und ab dem 1.Januar 2002 schließlich auch als Bargeld die alten
Währungen im Euroland ablöst.
Ansicht von Luxembourg
(Quelle: wikipedia Streppel nl)
Für eine Zeit hat das
Großherzogtum Luxembourg seine Souveränität über die eigene Währung zunächst in
belgische Hände gelegt. Heute ist ein Teil dieser nationalen
Währungssouveränität in den Händen der Europäischen Zentralbank (EZB).
Gleichwohl gibt es ein sogenanntes System der Zentralbanken. Nach Artikel 1 der
Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken bilden die Europäische
Zentralbank und die nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, deren Währung
der Euro ist, das Eurosystem. Dieses Eurosystem ist grundsätzlich dezentral
angelegt. Das bedeutet, bestimmte Aufgaben innerhalb des Eurosystems werden von
der EZB wahrgenommen, andere Aufgaben dagegen wiederum von den nationalen
Zentralbanken. Es waren also die europäischen Verträge über die Bildung des
Eurosystems, welche in Luxembourg zu der Notwendigkeit führte, eine nationale
Zentralbank zu gründen. Im Rahmen des Eurosystems nimmt die Banque Central du
Luxembourg die ihr obliegenden Aufgaben einer Zentralbank wahr. Luxembourg,
welches im Laufe seiner Geschichte immer wieder verschiedene Mächte in sein
Land hat reinlaufen und, Gott sei Dank, auch wieder rauslaufen sehen,
betrachtet den Erhalt seiner Souveränität auch und vor allem in Geldsachen
durch nichts besser gewährleistet als durch eine feste Verankerung in ein
System verbindlicher europäischer Verträge. Insofern ist nicht nur in wirtschaftlicher
Hinsicht, sondern auch politisch der Euro für Luxembourg eine sehr segensreiche
Einrichtung. Da macht es nichts, wenn man einen Teil der eigenen
Währungssouveränität an eine europäische Institution abgegeben hat.
Skyline des modernen Luxembourg: der Kirchberg
(Quelle: wikipedia Eoghan OLionnain)
Ohne auf eigene traditionelle
Vorbilder rückblicken zu müssen, konnte die neue Zentralbank ganz nach den
Erfordernissen des Europäischen Währungssystems strukturiert werden. So wird
die luxembourgische Zentralbank von einem Executive Board geleitet, dem ein Generaldirektor
und zwei Stellvertreter vorstehen. Diese werden auf Vorschlag der Regierung vom
Großherzog für eine Amtsperiode von sechs Jahren ernannt, wobei eine Wiederwahl
möglich ist. Die Amtsperiode ist keinesfalls willkürlich bestimmt. Denn in
Artikel 14 Absatz 2 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken ist
festgelegt, dass die Amtszeit des Präsidenten der nationalen Zentralbank
mindestens fünf Jahre betragen muss. Neben dem Executive Board gibt es einen
Rat (Council) zudem neben den Mitgliedern des Executive Board noch weitere
sechs Mitglieder von der Regierung, ebenfalls mit einer Amtsperiode von sechs
Jahren, bestimmt werden. Der Generaldirektor führt den Rat. Zur Zeit ist Gaston
Reinesch der amtierende Generaldirektor.
Gaston Reinesch Generaldirektor Banque Centrale du Luxembourg
(Quelle: Banque Central du Luxembourg)
Die Banque Centrale du
Luxembourg, deren Kapital zu einhundert Prozent im Besitz des Staates ist,
nimmt die typischen Aufgaben einer nationalen Zentralbank im Eurosystem wahr.
Dazu gehört, in Abstimmung mit der EZB, die Bestimmung und Durchführung der
Geldpolitik und die Durchführung von Deviseninterventionen, falls dies sich als
notwendig erweisen sollte. Selbstverständlich verwaltet die Zentralbank die
nationalen Devisen- und Goldreserven des Landes. Die belaufen sich auf ca. 597
Dollar pro Kopf der Bevölkerung. Das scheint erst mal nicht viel zu sein,
verglichen etwa mit den 1.189 Dollar auf jeden Deutschen und 1.182 Dollar für
jeden Franzosen. Ist aber immerhin mehr als die 593 Dollar für jeden Chinesen
und, man staunt nicht schlecht, immerhin mehr als doppelt so viel wie die 279
Dollar für jeden Amerikaner.
15 €uro Goldmünze von 2013 der BCL 6,22 Gramm reines Gold
(Quelle: Numis Hall)
Was mit der Mitgliedschaft im System der
Europäischen Zentralbanken auf jeden Fall einher geht, ist die Aufgabe ein
funktionierendes Zahlungsverkehrssystem sicherzustellen. Nicht zu den Aufgaben
der Zentralbank gehört die Aufsicht über den wirtschaftlich in Luxembourg so
wichtigen Finanzsektor. Dies wird von der Commission de Surveillance du Secteur
Financier (CSSF), die auch die Aufsicht über die Börse wahrnimmt, erledigt.
Neues Hauptgebäude des CSSF
(Quelle: CSSF)
Zur Zeit
führt J. Guill als Generaldirektor diese Aufsichtsbehörde. Das bedeutet aber
nicht, dass die Zentralbank an bestimmten Aufsichtsaufgaben nicht eine Teilhabe
hat, besonders da wo es um die Sicherstellung des Zahlungsverkehrssystems geht.
Selbstverständlich ist die Zentralbank in eine Reihe statistischer Aufgaben
eingebunden und betreibt volkswirtschaftliche und geldpolitische Forschungsarbeit.
Denn die Zentralbank ist ein wesentlicher Ratgeber für die Regierung, den
Gesetzgeber und die Finanzaufsicht in allen Belangen und Fragen über Geld und
Finanzen. Schließlich gehört auch die Ausgabe von Banknoten und Münzen, sowie
die Regulierung des Umlaufs derselben zu ihrem Aufgabenbereich.
Jean Guill Generaldirektor des CSSF
(Quelle: CSSF)
Die Banque Central du Luxembourg
betont immer wieder selbst, wie eng ihre eigene Konstitution an den
Europäischen Verträgen ausgerichtet ist. Das gilt auch und insbesondere für
ihre Unabhängigkeit und die ihrer Organe. Der Artikel 7 der Satzung des Systems
der Europäischen Zentralbanken, unter Bezugnahme auf den Artikel 130 des
Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, stellt ausdrücklich
klar, dass weder die EZB noch eine nationale Zentralbank, geschweige denn eines
ihrer Organe, Weisungen von irgendeiner Regierung, einem Organ, einer
Einrichtung oder sonstigen Stelle der Mitgliedstaaten der Union einholen oder entgegen
nehmen darf. Es gibt die Verpflichtung der Euroländer die EZB und die
nationalen Zentralbanken bei ihren Aufgaben nicht zu beeinflussen. Das ist auch
schon deshalb von besonderer Bedeutung, weil alle Präsidenten der nationalen
Zentralbanken gleichzeitig auch stimmberechtigte Mitglieder des Rates der
Europäischen Zentralbank sind. Zwar unterliegt die Verteilung der Stimmrechte
einem komplizierten Rotationssystem. Dennoch ist jedes Mitgliedsland des Euro
ein wesentlicher und integraler Bestandteil des Gesamtsystems. Gerade durch
dieses Konstrukt wird die Bedeutung einer nationalen Zentralbank wesentlich in
den Focus eines jeden Mitgliedstaates im Euroland gerückt. Mehr noch als
nationale und europäische Regierung und Parlament ist die Banque Centrale du
Luxembourg im tagesgeschäftlichen Geschehen der Interessenwahrer von Luxembourgs
Wirtschafts- und Finanzwelt.
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