Der Euro -Größter Fehler des 20. Jahrhunderts- Ansichten des amerikanischen Ökonomen Barry Eichengreen von Thomas Seidel

Das 20. Jahrhundert ist wahrhaft reich an wirtschaftlichen Katastrophen. Inflation, Hyperinflation, Depression, zwei Weltkriege, Ölpreisschocks, und diverse Finanzkrisen haben das vergangene Jahrhundert reichlich erschüttert. Aber der größte Fehler sei ganz am Ende mit der Einführung des Euro gemacht worden.

Barry Eichengreen am 20. Okt. 2015 in der
Goethe-Universität in Frankfurt am Main
(Quelle: Thomas Seidel)

So jedenfalls sagt es der US-amerikanische Nationalökonom und Wirtschaftshistoriker Barry Eichengreen, von der University of California -Berkeley- in einem Vortrag, den er letzten Dienstag an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main gehalten hat. Das Kernproblem bei der Einführung des Euro ist für Eichengreen vor allem die fehlende Fiskalunion und auch die noch nicht ausreichend umgesetzte Bankenunion. Das aber sei letztlich ein politisches Problem. Überhaupt sieht Eichengreen in der Unfähigkeit der Politik, Entscheidungen zu treffen, die Hauptursache für alle Finanzkrisen der letzten Jahre. Nüchtern antwortete Eichengreen denn auch auf eine Frage aus dem Publikum, ob er denn persönlich den Dollar oder den Euro als Währung bevorzugen würde, ganz klar den Dollar, denn: 1. Sei es sicher, dass der Dollar auch in den nächsten Jahren noch existieren würde, was man vom Euro zur Zeit nicht behaupten könne und 2. Der Dollar sei eine wahrhaftige Weltwährung, da schlicht die meisten Geschäfte in Dollar fakturiert würden.

Immerhin, im Vergleich der großen Krisen von 1929 und heute, das Hauptthema von Eichengreens neuem Buch „Die großen Crashs von 1929 und 2008: Warum sich Geschichte wiederholt“ habe man zwischenzeitlich durchaus etwas gelernt. So liege die Arbeitslosigkeit heute in den USA bei nur 10 Prozent. Trotz der historischen Erkenntnisse habe man die letzte Finanzkrise vielleicht deshalb nicht vorausgesehen, weil man zu fest an die Selbstregulierungskräfte der Märkte geglaubt habe. Die enormen Geschäftserfolge des Finanzwesens vor der Krise hätten blind gemacht für die bereits vorhandenen Probleme.

Auch für die Zukunft sei man noch nicht ausreichend gerüstet. So konzentrierten sich die neuen strengeren Aufsichtsregeln an den kreditgebenden Commercial-Banks. Investmentbanken und vor allem der Schattenbanksektor blieben für die Aufsicht weitestgehend aussen vor. Zum Fortgang der Krise trügen die Steuerpolitik und die zu hohe Staatsverschuldung bei. In Europa müssten vor allem die Deutschen ihre Inflationsangst überwinden. Nach Ansicht von Eichengreen sei die Geldpolitik sowohl des Federal Reserve System in Amerika als auch der Europäischen Zentralbank viel zu lasch. Es müsste deutlich mehr Geld in die Märkte gepumpt werden. Letztlich müsste auch von staatlicher Seite viel mehr investiert werden, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln.


Eichengreen läßt keinen Zweifel daran, wie skeptisch er dem Euro gegenüber steht. Er empfiehlt eine klare Abwägung der Kosten für die Wirtschaft, die eine Beibehaltung des Euro einerseits oder ein Ausstieg aus dem Euro andererseits verursachen würden. Da Eichengreens Stimme auch gerne von der US-Regierung gehört wird, muss man davon ausgehen, dass dort das Bild von Europas Einheitswährung bis auf weiteres vor allem schwarz/weiß gezeichnet bleibt.

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