Die Politik des leichten Geldes bringt keinen Segen -Bericht von der euromoney conference in Frankfurt- von Thomas Seidel
Die Herausforderungen für den Bankensektor nach der
Finanzkrise brechen nicht ab. Die Banken müssen sich in immer schnellerer
Abfolge den Forderungen von Regulierern und den Entwicklungen an den Märkten
anpassen. Eine Facette des Geschehens wurde am letzten Septembertag in der
euromoney conference -The Public Sector Financing- nahe Frankfurt am Main unter
Fachleuten besprochen.
Die euromoney conference fand im Kempinski in Grabenbruch bei Frankfurt am Main statt (Quelle: Thomas Seidel) |
Sicht einer Zentralbank
Mit Andreas Dombret führte eine Vorstandmitglied der
Deutschen Bundesbank in das Thema ein. Vor dem Hintergrund extrem niedriger
Leitzinssätze, würden die Erträge der Banken im Geschäft mit festverzinslichen
Wertpapieren voraussichtlich um die Hälfte einbrechen. Da sollten sich die
Banken alternativ auch auf Geschäfte mit anderen Einnahmequellen konzentrieren.
Dombret empfahl hier besonders Provisionsgeschäfte. Darüber hinaus müssten die
Banken mehr in ihre IT-Strukturen investieren. Doch scheinen IT-Investitionen
vor allem für die schnell wachsenden Anforderungen der Regulierer notwendig zu
sein. Die neuen Kapitalregeln nach Basel III brächten eine Fortentwicklung des
Standardansatzes, durch den es Investoren leichter fallen sollte, Banken
miteinander zu vergleichen. Das ist insofern besonders interessant, weil das
Regelwerk Basel II den Banken überhaupt erst eine individuelle Risikobewertung
ermöglichte, die an ihren Geschäftsmodellen ausgerichtet ist. Eine Besinnung
auf einen älteren Standardansatz bedeutet hier gleichermaßen einen Rückschritt
bei der Risikoberechnung, aber auch ein mehr an Transparenz, da die internen Risikomodelle
der Banken naturgemäß nicht nach außen kommuniziert wurden.
Andreas Dombret Vorstand der Deutschen Bundesbank (Quelle: Thomas Seidel) |
Dombret sieht eine Unterlegung von Staatsanleihen mit
Eigenkapital als absolut notwendig an. Abwicklungspläne für gescheiterte Banken
müssten künftig sicherstellen, dass zuerst die Kapitaleigner und dann die
Gläubiger für ihre Bank haften, lange bevor der Steuerzahler für einen Ausfall
aufkommen sollte. Mit Sorge sieht Dombret die Verlagerung von mehr und mehr
Kapital vom regulierten Bankensektor in den Bereich der unregulierten Schattenbanken.
Das sei eine Art von Aufsichtsarbitrage. Da verwundert es aber sehr, dass sich
Dombret für die Lösung dieses Problems einmal mehr auf die Entschlusskraft
ausgerechnet der Group of 20 (G-20) verlassen will, die in diesem Punkt nach
der Finanzkrise bereits schon einmal total versagt hat.
Kritik an der Politik des leichten Geldes
In den folgenden Gesprächsrunden wurde über die Politik des
leichten Geldes seitens der Zentralbanken hart diskutiert. Während manche
Teilnehmer das so genannte Quantitativ Easing (QE) als durchaus positiv
erachten und die Vorgehensweise der EZB loben, kritisieren andere diese
Maßnahme durchaus harsch. So wird mittels des vielen Geldes in Projekte
investiert, die unter anderen Umständen nie verwirklicht werden würden. Sinn
des QE sei allein, dass es in der Wirtschaft zu Investitionen komme, ohne
überhaupt irgend eine Qualität zu hinterfragen. Märkte mit heterogenen
Teilnehmen zeigten sich in Krisen recht robust. Doch die durch QE geglätteten
Märkte könnten in der Zukunft durchaus neue Probleme verursachen. Manche sehen
das QE bereits als kontraproduktiv in dem Sinne, die Wirtschaft anzukurbeln.
Aus regulatorischen Gründen müssten die Banken große Liquiditätsreserven
vorhalten. Das beeinträchtige die Banken darin ihre Risiken zu managen, was
wiederum ihre Fähigkeit einschränke Kredite an die Wirtschafte zu geben.
v.l.n.r. Tammo Diemer German Finance Agency, Peter Groves Citi, Karl Happe Allianz Global Investors (Quelle: Thomas Seidel) |
Gerade die EZB sei inzwischen zum großen Player an den
Märkten mit Anleihen geworden. Die EZB nähme Einfluss auf die Preise durch eine
Verengung der Zinsmarge und gleichzeitig verenge sich damit die Marge der
Marktpreise von Krediten. Schon wird der Blick auch auf das angekündigte Ende
des Anleiheankaufprogramms im September 2016 gerichtet. Eigentlich müsste die
EZB dann damit beginnen, dem Markt die gespendete Liquidität wieder zu
entziehen. So könnten die Märkte Gefahr laufen, ausgequetscht zu werden. Sollten
die gewünschten Ziele der EZB aber nicht erreicht sein, ließe sich auch eine
Verlängerung des Ankaufprogramms nicht ausschließen. Trotz aller denkbaren
Szenarien, bleibt die Antwort darauf was in einem Jahr passiert hoch
spekulativ.
Sicht der Investoren
Während sich die Banken mit ihren Geschäftsmodellen den
Anforderungen der Regulatoren anpassen, müssen sich Unternehmen den Wünschen
der Investoren angleichen. Heute gälte es, sich flexibel einem neuem Umfeld
anzupassen und auf die Erwartungen von Investoren einzugehen. In der
allgemeinen Ertragsnot durch Nullzinsen, wagten sich Asset Manager inzwischen
auch bereits an exotischere
Anlagen heran. In der Frage was als eine hoch qualitative liquide Anlage gelten
kann, orientiere man sich auch daran, ob eine Anleihe von einer Zentralbank gekauft
würde oder nicht. Als ob eine Kauforder einer Zentralbank ein Wertpapier adeln
würde. Dieses Verhalten zeigt eine gewisse Not, wie man sich als Anleger
hinsichtlich der Risikoeinschätzung für ein Wertpapier orientieren kann.
v.l.n.r. Konferenzmoderator Christopher Garnett im Gespräch mit Hendrik Tuch Aegon Investment Management und Menno van Eijk NN Investment Partners (Quelle: Thomas Seidel) |
Das Zusammentreffen von Zentralbankern, Staats- und
Privatbanken und vor allem Investoren hat gezeigt, wie kurz zur Zeit der
Entscheidungshorizont für alle Beteiligten im Finanzsektor ist. Die
Orientierung für eigene Entscheidungen ist stark an den Beschlüssen und
Handlungsweisen der Zentralbanken und Regulatoren ausgerichtet. Märkte und
Preise erscheinen zum Teil unnatürlich verzerrt. Das hinterlässt den Eindruck,
die Gravitationswellen der letzten Finanzkrise wabbern immer noch durch die Branche
und an eine Normalisierung ist noch lange nicht zu denken.
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