Die EZB legt die Geldkonditionen für das Wahljahr 2017 fest von Thomas Seidel

Journalisten warten auf die Stunde der Verkündung im Presseraum der EZB
(Quelle: Thomas Seidel)

In ihrer jüngsten Ratssitzung hat die EZB die geldpolitischen Rahmenbedingungen geschaffen, unter denen nach heutigem Kenntnisstand das Wahljahr 2017 stattfinden soll. Im Kern heißt die Botschaft: Weiter wie bisher! Der Ankauf von Staatsanleihen und sonstigen Anlageklassen geht mit einem monatlichen Volumen von zunächst 80 Mrd. Euro bis einschließlich März 2017 weiter. Danach wird das Volumen wieder auf 60 Mrd. Euro bis zum Jahresende reduziert. In diesem Rahmen hofft man, für die wichtigsten politischen Szenarien gewappnet zu sein. Mag es um den Fortgang der italienischen Bankenkrise gehen, die jetzt unnötigerweise auch noch mit einer Regierungskrise garniert worden ist; mag es um den bereits feststehenden Wechsel im Élysée-Palast nach der französischen Präsidentschaftswahl gehen; mag es um einen, wenngleich aus heutiger Sicht eher unwahrscheinlichen, Regierungswechsel in Berlin gehen. Falls es doch noch zu erheblichen Irritationen aus dem angelsächsischen Raum käme, wie dem Ablauf des Brexit oder einem unkalkulierbaren US-Präsidenten Donald Trump, so behält sich der EZB-Rat vor, sein Ankaufsprogramm im Volumen oder der Laufzeit nach Belieben zu strecken.

EZB Präsident Mario Draghi (l.) und sein Vize Vitor Constancio
(Quelle: Thomas Seidel)

Das ist auch schon das einzige Pulver, welches die EZB noch zum Schießen hat. Das die einstmals so wichtigen Geldmarktkonditionen unverändert bleiben, wird öffentlich kaum mehr wahrgenommen. Genauso verblassen die fundamentalen Begründungen für diese Beschlüsse, wie ein sehr moderates Wirtschaftswachstum um die 1,7 Prozent und eine, vor allem dank anziehender Ölpreise, überhaupt wieder wahrnehmbare leichte Inflation.


Die Hauptnachricht des Tages war, die EZB schafft, im Rahmen ihres Mandates, die Voraussetzungen, die das Jahr 2017 in Europa bestimmen werden, nämlich den totalen politischen Stillstand. Dabei könnte sich weder der Euroraum noch die Europäische Union gerade jetzt irgendeine Art von Entscheidungsnotstand leisten. Zu groß sind die Herausforderungen an allen möglichen Fronten. Große Regelungswerke wie etwa die Kapitalmarktunion wären zu vollenden. Statt dessen bleibt die Gemeinschaft an vielen Flanken angreifbar und unvollendet und die EZB steuert zum halten dieses Missstands auch noch die finanziellen Rahmenbedingungen dazu bei.

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