Nichts wirklich Neues über die EZB -Bericht von der 18. ECB Watchers Konferenz- von Thomas Seidel

Konferenz im Unihörsaal erschwert die allgemeine Kommunikation
(Quelle: Thomas Seidel)

Die diesjährige 18. Konferenz „ECB and it's Watchers“ fand wegen eines kürzlichen Brandes nicht im Kasinogebäude der Frankfurter Goethe-Universität statt, sondern ungünstigerweise in einem derer großen Hörsäle. Ein in jeder Hinsicht nicht geeignetes Gebäude für so eine Veranstaltung. Diese Beobachterkonferenz soll ja immer eine Rückschau sein. Doch bot die Veranstaltung in diesem Jahr inhaltlich keine Höhepunkte oder wesentlich neue Erkenntnisse.

Mario Draghi stellt seine üblichen Argumente vor
(Quelle: Thomas Seidel)
Als erster Redner stand der EZB-Präsident Mario Draghi selbst am Pult. Er wiederholte die üblichen Phrasen, die man inzwischen auch von vielen anderen seiner öffentlichen Auftritte her kennt. Danach sei die, in manchen Kreisen durchaus stark umstrittene, Geldpolitik der EZB erfolgreich. Man habe in Europa den wirtschaftlichen Niedergang aufhalten können. Die Wirtschaft wachse, die Arbeitslosigkeit nehme ab. Die Niedrigzinspolitik der EZB sei ein Antrieb für Europas Wirtschaft. Die Staatsverschuldung sinke, bei gleichzeitiger Ausgabenerhöhung. Auch Draghis Mahnungen bleiben dieselben. Insgesamt läge die Wirtschaftsleistung immer zehn Prozent unter dem Vorkrisenniveau. Die europäische Fiskalpolitik sei weitestgehend unverändert geblieben und damit kein Antrieb für die Wirtschaft. Notwendige Strukturreformen ließen weiter auf sich warten. Überhaupt habe die EZB alles richtig gemacht, nun seien die Anderen, sprich die Politik, dran. Das alles aber ist nicht neu.

Auch der Chefvolkswirt der EZB, der Belgier Peter Praet, lobte ausgiebig die Erfolge der EZB-Politik und die Wirkung ausserordentlicher Geldinstrumente, wie etwa dem Quantitative Easing, sprich der Geldsintflut die durch Europa schwappt. In Europa sei eben auch alles viel schwieriger. Man habe zunächst erst einmal schwächelnden Institutionen auf die Beine helfen müssen. Der entscheidende Zins zur Zeit ist der Einlagenzins und der wäre eben negativ. Von Zinskosten für Ausleihungen ist inzwischen überhaupt nicht mehr die Rede. Das zeigt wie verkehrt die Betrachtungsweisen in der Geldpolitik geworden sind.

Der Amerikaner John Taylor ist deutlich kritischer
(Quelle: Thomas Seidel)
Kritischer befasste sich John B. Taylor von der Standford University mit dem Instrument des Quantitative Easing. In den USA habe man keine ermutigende Erfahrungen mit Quantitative Easing (QE) gemacht. Eines der Probleme damit sei, dass die Geldmärkte nicht normal funktionierten. Da man nicht wisse, welchen Nebeneffekte mit QE einhergehen, solle man schleunigst wieder zu einem Normalzustand in der Geldpolitik zurück kehren. Allerdings übersieht Taylor dabei, dass in Wirklichkeit durch QE in Amerika tatsächlich die Wirtschaft stimuliert wurde, während in der €urozone damit eine indirekte und nicht zugegebene Staatsfinanzierung betrieben wird. Praet hält die Politik der EZB für angemessen. Hätte wirklich jemand vom Chefvolkswirt der EZB eine Kritik an der Haltung des EZB-Rates erwartet, wie dies einstmals ein Jürgen Stark tat?

Peter Praet findet, die EZB habe alles richtig gemacht
(Quelle: Thomas Seidel)
Aus dem Publikum kam die Frage nach der, durch die vielen Wertpapierankäufe, aufgeblasenen EZB-Bilanz. Praet musste zugeben, dass das ein ungelöstes Problem sei und man immer noch eine Scheu habe, diese Papiere weiter zu verkaufen. Allerdings sagte er nicht, wer überhaupt als Käufer in Frage käme. Auch fiel kein Wort darüber, dass die Emittenten der zumeist indirekt aufgekauften Staatsschulden, sowieso auf Jahre hinaus kein Geld haben, ihre Schulden wirklich zu bezahlen. Die EZB-Bilanz wird also noch lange Zeit aufgeblasen bleiben. All das war aber auch schon vorher hinlänglich bekannt.

Das zweite Panel beschäftigte sich mit den makroökonomischen Auswirkungen. Keine grundlegend neuen Erkenntnisse brachte der Portugiese Vitor Gaspar in die Debatte ein. Der einstige portugiesische Finanzminister, der derzeit beim International Monetary Fund untergekommen ist, mahnte eine gleichwertige Qualität aller betroffenen Institutionen in Europa an. Er unterstrich die Effekte von Fiskalpolitik auf die Wirtschaft und die Wichtigkeit einer Risikoaufteilung für eine gesunde makroökonomische Entwicklung. All das war auch nicht neu.

Vitor Gaspar beweißt, was man bereits weiß
(Quelle: Thomas Seidel)
Das Horn in das der deutsche Wirtschaftsweise Christoph Schmitt vom RWI stieß, war ebenso erwartbar wie sich wiederholend. Die heterogenen Entwicklungen in den einzelnen Ländern Europas seien den unterschiedlichen Strukturen und Strukturreformen geschuldet, na sowas! Die Geldpolitik der EZB sei viel zu expansiv. Konsequenterweise müsse das Quantitativ Easing ein Ende finden. Woher allerdings die Geldmittel für einen Rückkauf der Staatsbonds herkommen sollen, darauf weiß auch Schmidt keine Antwort. Schließlich ist das Geld ja bereits unwiederbringlich verfrühstückt. Die Forderung nach einem geregelten Insolvenzprozeß für ganze Staaten ist so auch nicht neu. Dann aber macht Schmidt doch noch einen Vorschlag. Einen Mechanismus für einen temporären Exit aus der €urozone, um sich ausserhalb derer wirtschaftlich wieder erholen zu können. Schmidt gibt damit zu, dass die fehlende Abwertungsmöglichkeit für €uromitglieder eine wesentliches Fehlkonstrukt innerhalb der so heterogenen €urozone ist.

Mit Mario Buti war die Europäische Kommission in der Runde vertreten. Der wünschte sich, dass Reformen schon angegangen werden, noch bevor es keinen anderen Ausweg mehr gäbe. Sorgen bereiteten ihm die sogenannten „Non-performing-loans“ in den Bankbilanzen, sprich nicht mehr bediente Kredite. Dieses Problem müsste schneller und konsequenter angegangen werden. Nur wie, sagt Buti nicht. Die von der EZB angestrebte €urozoneninflation von knapp unter zwei Prozent, bedeute ja nicht, dass in allen €uroländern gleichzeitig die selbe Inflationsrate herrschen müsse. Das ist ein praktischer Aufruf, für ein Europa der zwei oder mehr Geschwindigkeiten, was allerdings von vielen Mitgliedsländern abgelehnt wird. Wahr ist Buti's Aussage, die Entscheidungsfreudigkeit zu Strukturreformen in einigen Ländern hänge auch von der politischen Überlebensdauer von Regierungen ab. Freilich bleibt auch das ein Allgemeinplatz.

So manches hat scheinbar die Kurve nicht gekriegt
(Quelle: Thomas Seidel)


So ging es fröhlich weiter. Statistiken und Diagramme flimmerten nur so über die Projektionsflächen. Aussagen und Schlussfolgerungen berichteten das, was in der Breite ohnehin schon bekannt ist. Diskussionen verlaufen und Rückfragen ergeben keinen wirklichen Erkenntnisdurchbruch. Über 250 Teilnehmer und etliche Medienvertreter nahmen an der Konferenz teil. Die Essenz war dürftig. Zugegeben, dass Jahr 2016 war aus Sicht der EZB nicht der große Aufreger, was aber durchaus auch als positiv angesehen werden kann. Noch langweiliger wird 2017. Wegen der vielen Wahlen in einigen europäischen Ländern, befindet sich die Gemeinschaft in einer Phase des Entscheidungsstillstands. Man kann nur hoffen, dass es den Veranstaltern der durchaus wichtigen ECB and it's Watchers-Konfernz im nächsten Jahr gelingt, die Konferenz, trotz der voraussichtlichen Ereignislosigkeit, nicht austrocknen zu lassen.


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