Karl Heinrich Marx (1818 – 1883) Der geistige Vater des Kommunismus von Thomas Seidel


Karl Marx (1818- 1883)
(Quelle: wikipedia, gemeinfrei)
Aus Anlass des 200. Geburtstags von Karl Marx, veröffentliche ich nochmals meinen Artikel über Karl Marx aus meiner Serie über Vordenker der Nationalökonomie, der bereits am 10.Januar 2011 in einer Ausgabe der Tageszeitung Luxemburger Wort erschien.

Wie eine griechische Tragödie ließt sich die Biographie des Karl Marx, sowohl in persönlich privater Hinsicht, als auch was sein Lebenswerk angeht. Über lange Strecken seines Lebens als politisch Verfolgter gehetzt, schließlich staatenlos, ohne bedeutende Mittel abhängig von seinem Gönner Friedrich Engels, stirbt er 1883 verarmt in London.

Karl Marx mit Töchtern: Jenny Caroline (1844–1883),
Jenny Julia Eleanor (1855–1898) und Jenny Laura (1845–1911)
 (Quelle: wikipedia, gemeinfrei)
Von seinen sieben ehelichen Kindern überleben ihn nur zwei Töchter. Laura beging 1911 gemeinsam mit ihrem Mann Paul Selbstmord, ebenso wie bereits 1898 ihre Schwester Eleanor. Dabei waren die Voraussetzungen unter denen Marx zur Welt kam und aufwuchs vielversprechend. In eine angesehene, ursprünglich jüdische, Rabbinerfamilie in Trier hinein geboren, der Vater war aus beruflicher Opportunität zum Protestantismus konvertiert, studiert Marx zunächst Jura in Bonn. Später in Berlin kamen Philosophie und Geschichte dazu. 1841 promovierte Marx zum Doktor der Philosophie an der Universität Jena. Alles sah nach einer akademischen Laufbahn aus. Marx rechnete mit einer Professur an der Universität in Bonn. Weil Marx aber bereits während des Studiums, aus dem Blickwinkel der Preußischen Regierung, sich in der linken politischen Opposition engagiert hatte, wurde ihm eine akademische Laufbahn verwehrt. 

So ins berufliche Aus gestellt, wurde Marx auch bei seinen weiteren Tätigkeiten von der Preußischen Regierung mit langem Arm und Atem selbst bis in Exil verfolgt. Marx wurde 1842 zunächst Mitarbeiter, dann Leiter der neu gegründeten liberalen „Rheinischen Zeitung“. Doch die Zeitung wurde schon ein Jahr später durch die preußische Regierung verboten. Marx ging nach Paris. Aber selbst dort setzte die preußische Regierung seine Ausweisung bei den französischen Behörden durch. Marx emigrierte 1845 nach Brüssel. Dort gründeten 1846 Marx und Engels das Kommunistische Korrespondenz-Komitee. 

Kommunistisches Manifest vom Ende 1847
Einzig verbliebene Originalmanuskriptseite
 (Quelle: wikipedia, gemeinfrei, Urheber: Karl Marx)
1847 wurde Marx Mitglied im Bund der Gerechten und ließ ihn zum Bund der Kommunisten umgründen. Für diesen schrieb Marx das „Manifest der Kommunistischen Partei“ (Kommunistisches Manifest) welches 1848 veröffentlicht wurde. Alle seine politischen Aktivitäten richtete Marx auch aus dem Exil nach Deutschland. Marx wurde dann aus Brüssel ausgewiesen und kam, im Zuge der deutschen Märzrevolution 1848, nach Köln, wo er die „Neue Rheinische Zeitung“ gründete. Nachdem die Preußische Regierung der Revolution im Land wieder Herr geworden war, erklärte sie Marx schließlich für staatenlos und wies ihn aus. Marx musste sich letztlich ins Londoner Exil begeben, wo er vor weiterer preußischer Verfolgung sicher war. Erst dort begann er Nationalökonomie zu studieren und erst dort entstand sein Hauptwerk, „Das Kapital“. Allerdings stammt nur der erste der drei Bände direkt aus Marx Feder. Neben seinen Tätigkeiten als Autor und Journalist trieb Marx die Entstehung sozialistischer und kommunistischer Bewegungen, vor allem in Europa, voran. Zweifellos gilt Marx als deren herausragender Theoretiker.

In den ersten hundert Jahren und noch weit darüber hinaus begriff sich die Nationalökonomie eher als eine Art staatsphilosophischer Wissenschaft. Ausgeprägte Rechenmodelle zur Unterlegung ihrer Theorien waren noch nicht entwickelt. Manche Ökonomen lehnten dies sogar ausdrücklich ab. Statistiken waren nicht vorhanden, es fehlte an der Grundlage für die Erhebung dieses Zahlenmaterials. 

Georg Friedrich Wilhelm Hegel (1792–1855) im Jahr 1831
(Quelle: wikipedia, gemeinfrei, Urheber Foto: anagoria)
In diesem Sinne orientierte man sich an bereits vorhandenen Werken und Abhandlungen, den gegebenen Situationen und der persönlichen Erfahrung. Für Marx war dieser Orientierungspunkt das Denken von Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831). Ohne hier an dieser Stelle auf die komplexen Gedanken von Hegel und Marx im Einzelnen eingehen zu können, lässt sich dennoch extrem vereinfacht folgender Unterschied in den Betrachtungsweisen beider Männer erkennen: Während für Hegel der Denkprozess des Menschen die Wirklichkeit schafft, kehrt Marx dieses Prinzip völlig um und sagt, die materielle Wirklichkeit schafft durch den menschlichen Denkprozess das Ideelle. Für Marx kommt es ausschließlich darauf an, den konkreten Menschen in seinem konkreten Umfeld zu betrachten. 

Zuerst kommt Marx zu dem Schluss, dass die Arbeit das Wesen des Menschen ist. Dann meint Marx zu erkennen, dass die Arbeit den Menschen von seiner eigentlichen Bestimmung wegführt, die Marx in der Freiheit sieht. Für Marx ist die Geschichte der Menschen eine Geschichte der fortschreitenden Selbstentfremdung der Menschen. Auf die Wirtschaft bezogen, wirken bei Marx zwei sogenannte Produktivkräfte: Grund, Boden, Rohstoffe und Maschinen, also abstrakt das Kapital einerseits; menschliche Arbeit andererseits. Zu allen Zeiten sei das Kapital in den Händen Weniger gewesen (die Kapitalisten), welche in jeglicher Gesellschaftsform, gleich ob Sklaverei, Feudalismus oder der modernen Industrie die menschliche Arbeitskraft (das Proletariat) ausbeuten, wobei die Kapitalisten den durch das Proletariat erarbeiteten Mehrwert für sich als Profit einbehalten.

Für Marx verkommt also die menschliche Arbeit zu einer Ware, die wie jede beliebige andere Ware an Märkten angeboten wird und daher den Schwankungen dieser Märkte ausgesetzt ist. Damit verliert die Arbeit ihren Sinn und ihre menschlichen Würde. So gesehen ist die Geschichte der Menschen eine Geschichte von Klassenkämpfen, wie Marx es im Kommunistischen Manifest verlautet hat. Dort sieht Marx u.a. klar voraus, was wir heute mit dem Stichwort Globalisierung bezeichnen. Er schreibt:

„An die Stelle der alten Selbstgenügsamkeit und Abgeschlossenheit tritt ein allseitiger Verkehr, eine allseitige Abhängigkeit der Nationen voneinander.“ Und weiter: „Die Bourgeoisie reißt...durch die unendlich erleichterte Kommunikation alle, auch die barbarischsten Nationen in die Zivilisation.“ 

Durch den Raub des Mehrwerts enteignen die Kapitalisten sozusagen das Proletariat. Dem entgegen zu wirken, fordert Marx folgerichtig die Überführung der Produktionsmittel in gesellschaftliches Eigentum, er verlangt die „Enteignung der Enteigner“. Als Mittel dazu sieht Marx die weltweite kommunistische Revolution an deren Ende die klassenlose Gesellschaft stünde.

Anders als all seine bisherigen philosophischen und nationalökonomischen Vorgänger erkennt Marx die Zustände und Ursachen der realistischen materiellen Welt, ganz ohne jeden metaphysischen Beigeschmack. Bildlich gesprochen kann man sagen, Marx öffnet bereits die Lade der Erkenntnis und er schaut die Wahrheit des menschlichen Seins. Doch anstatt die Wahrheit der Erkenntnis objektiv und kritisch zu nutzen, verschließt er die Lade wieder, indem er seine persönlichen Einsichten zur alleinigen Wahrheit dogmatisiert. Schon in seinem Kommunistischen Manifest kritisiert Marx jede andere denkbare Art von Sozialismus und lässt nur seine Vorstellung der proletarischen Revolution als allein richtige gelten. Damit hat sich Marx selbst weit von der Wirklichkeit seines Untersuchungsobjektes Mensch entfernt.

Da es den idealen Menschen nicht gibt, war die Idee von der kommunistischen Weltrevolution schon im Ansatz zum Scheitern verurteilt. Denoch haben die Gedanken von Marx in den zurückliegenden ca. 150 Jahren gesellschaftliche Prozesse in Gang gesetzt und Denkansätze ausgebildet, welche zu einem neuen und durchaus positiven Bild über den Wert der Arbeit des Menschen und den Wert des Menschen an sich geführt haben. Wenngleich der dogmatische Marx gescheitert ist, so hat ein kritisch betrachteter Marx gleichwohl die Zeiten überdauert.


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