Frankfurter Theaterdonner -Über die Planungen für Oper und Theater in Frankfurt- von Thomas Seidel


Oper und Schauspiel ähneln einem Fabrikgebäude und sind kaum mehr sanierungsfähig

In den zurückliegenden vierzig Jahren hat die Stadt Frankfurt am Main wie keine andere Großstadt in Deutschland an Profil und Lebensqualität gewonnen. Inzwischen ist jedoch eine Phase relativen Entscheidungsstillstands eingetreten. Bestimmte Personen hemmen bewusst eine weiter positive Entwicklung. Gerade am aktuellen Thema des Opern- und Theaterprojekts wird das überdeutlich.


Den Tiefpunkt seines schlechten Nachkriegsrufes erreichte die Stadt Frankfurt unter dem Oberbürgermeister Rudi Arndt (SPD) von 1972 bis 1977. Alles Negative wurde der Stadt bescheinigt. Die schlimmste Kriminalstatistik, die häßlichste Architektur, die unfreundlichsten Stadtbewohner, die sozialistischste Universität, der räuberistischste Bankkapitalsmus und, gleich nach Hamburg, das widerlichste Sexviertel. Bürokraten und Technokraten hatten über die 1960er und 1970er-Jahre kräftig ihren Beitrag zu diesem Bild beigetragen. Deren Tempel was das, was man seither als “Technisches Rathaus” bezeichnete.


Mit der teilweise wiederhergestellten Altstadt hat Frankfurt sein altes
lebendiges Zentrum wieder gefunden
(Quelle: Thomas Seidel)

Vieles Negative hat Frankfurt längst hinter sich gelassen. “Alle Städte in Deutschland haben ein Stadtbild, nur Frankfurt hat eine Skyline” so begann einmal ein Bericht des Hessischen Rundfunks (eine früher stramm sozialistisch ausgerichtete, heute in biederer Langweiligkeit kaum mehr zu übertreffende Institution) über die bauliche Entwicklung Frankfurts zur einzigen wirklichen Hochhausstadt in Deutschland. Nach dem glorreichen Abriss des erwähnten Technischen Rathauses und dem teilweisen Wiederaufbau der bereits verloren geglaubten Altstadt zwischen Römer und Dom und dem gelungenen Ensemble des Saalhofs, hat sich der Mittelpunkt der Stadt erfreulich von der inzwischen hässlichen Haupteinkaufsstraße Zeil wieder in sein historisches Zentrum verlagert, das lebendiger geworden ist wie nie zuvor.


Frankfurt am Main von Osten. Blick über die EZB auf das Bankenviertel

Mit dem schon etablierten Museumsufer und vielen anderen musealen Glanzlichtern wie etwa dem Senkenbergmuseum, auch mit so manchem Hochhaus, den Fauna- und Floragärten, seinen Wallanlagen und Parks, hat Frankfurt inzwischen so viele Glanzpunkte aufzuweisen, dass man zurecht von einer hohen Lebensqualität sprechen kann. Wer sich einmal die Mühe macht und von einem der Hochhäuser auf die Stadt herab blickt, erkennt, wie begrünt die Stadt in Wirklichkeit ist. Ein Anblick den man anderswo so nicht zu sehen bekommt. Dann ist da noch die gelungene Wandlung des Main, des zentralen Flusses dessen Name ein Teil der offiziellen Bezeichnung der Stadt ist. Noch vor Jahrzehnten war der Main eine stinkende Kloake, deren Ufer allenfalls als Touristen-Busparkplätze taugten. Inzwischen hat sich der Main mit seinen begrünten Ufern in eine Naherholungszone mit einem teilweisen pflanzlichem Mittelmeerflair entwickelt und ist vor allem für jeden nutzbar.


Frankfurter Schauspielhaus von 1902 am Standort von heutiger Oper/Theater
(Quelle: wikipedia, gemeinfrei)


Schon immer hatte Frankfurt besonders kulturell sehr viel zu bieten und Kernpunkte dessen sind natürlich Oper und Theater. Das Frankfurt nach zwanzig Jahren sich von seinem Ballett unter dem internationalen Starchoreographen William Forsythe aus vorgeschobenen Kostengründen trennte, deutete vor einiger Zeit schon mal eine gewisse politische Geringschätzung dieser hohen Kulturträger an. Diese Art der Herablassung setzt sich jetzt bei einigen Kommunalpolitikern wieder durch. Es geht um den wahrscheinlichen Neubau für städtische Oper und Theater und die damit verbundene Standortfrage.



Frankfurter Alte Oper Wiederaufbau nach alliierter Zerstörung
(Quelle: wikipedia, GNU-Lizenz, Urheber: Mylius)

Nach der gewissenlosen alliierten Zerstörung der, heute so genannten, “Alten Oper”, packte man im Nachkriegs-Frankfurt der 1950er/60er Jahre Oper und Theater am alten Standort des Theaters in einen extrem hässlichen Gebäudekomplex als Doppelhaus zusammen und pries diese städtebauliche Schandtat lange Zeit ungestraft als Ausdruck der Moderne an. Doch hat die Zeit so lange an dem unsäglichen Gebäudekomplex genagt, dass alle Fachleute dazu raten, eher Neubauten zu wagen, als das Vorhandene zu sanieren. Schon kommen ungebetene Denkmalschützer dazu und behaupten, das Foyer der Doppelspielstätte hätte irgendeine Art von Wert. Dabei hat der gesamte Komplex den Charme eines nutzlosen und abgerappten Fabrikgebäudes, dessen wuchtige architektonische Unwertigkeit sich an einem exponierten Standort auf den Wallanlagen in der Nähe des Mains vor allem durch einen Blick von ober erschließt. Der Stadt zur Gnade bleibt also nur der Totalabriss, etwa genauso wie beim bereits erwähnten Technischen Rathaus.


So ergibt sich bei der Frage eines Neubaus die Alternative am gleichen Standort entweder wieder beide Häuser zusammen zu packen, oder die Häuser baulich voneinander zu trennen. Letzteres bringt natürlich eine Standortsuche für eine der beiden Spielstätten mit sich.



Das Osthafenviertel wird noch auf Jahrzehnte ein Industriegebiet bleiben. 
Denkbar schlecht geeignet für einen Kulturtempel

Einige der politischen kommunalen Protagonisten liebäugeln mit der Idee, auf einem Industriegelände im Frankfurter Osthafen eines der Spielhäuser zu errichten. Ein Schelm wer Böses dabei denkt. Offensichtlich orientiert man sich dabei an der Hamburger Elbphilharmonie. Das wäre aber ein schlechtes Vorbild. Die Stadt Hamburg hat sich unter enormen Bauverzögerungen und Kostenexplosionen eine Philharmonie geleistet, ohne überhaupt ein angemessenes philharmonisches Orchester dafür zu haben. Eine groteske Umkehr der Situation in München. Dort hat die Stadt ein Philharmonisches Orchester von Weltrang, aber kein angemessenes Philharmoniegebäude dafür. Jedenfalls ist das so lange bespielte Haus am Geiselgasteig für das Niveau dieses Orchester nicht angemessen.


Gleichwohl ist die städtische Situation in Hamburg völlig anders. Erstens hat Hamburg einen wirklichen Hafen und zweitens ist dieser alte Hafen durch und durch bereits für moderne Nutzungen umgewidmet und umgebaut worden. Was sich hinter einem Spielhaus an der Frankfurter Osthafenmole auftun würde, spottet an städtebaulicher Ansicht jeder Beschreibung. Es ist nicht zu erwarten, dass die vielen Unternehmen mit Hafenbezug plötzlich ihre Standorte aufzugeben, um einem neuen hippen Frankfurter Osthafenviertel zu weichen. Kurzum, der Standort Osthafenmole ist eine Schnapsidee.



Ein Blick von der Untermainbrücke macht deutlich, wie der jetzige Theaterbau die Neue Mainzer Straße erdrückt
(Quelle: Thomas Seidel)

Als alternativer Standort für eines der beiden Häuser wurden die Frankfurter Wallanlagen ins Spiel gebracht. Genauer die Stelle, wo heute das alte Verwaltungsgebäude der Frankfurter Sparkasse  und der ehemaligen Landeszentralbank an der Neuen Mainzer Straße liegt. Daneben befindet sich ein seit Jahren ungenutztes und vor sich hin rottendes Gebäude der Württembergischen Versicherung, schon lange ein echter Schandfleck inmitten des Bankenviertels. Gesprochen wird schon von einer Art Kulturmeile. Wenn am Ende am heutigen Theater/Opern-Standort eines der Spielhäuser, an der Neuen Mainzer Straße/Wallanlagen ein weiteres und schließlich die Alte Oper stehen würden, könnte man all diese Spielstätten tatsächlich mit einem Gang über die Wallanlagen erreichen. Die räumliche Entzerrung der beiden Spielhäuser Theater und Oper hätte den zusätzliche Reiz, dass am heutigen Standort ein kleineres neues Theater entstehen könnte, welches vor allem zur Neuen Mainzer Straße hin wieder etwas Platz frei macht und damit unter anderem die Sichtachse von der Untermainbrücke her aufhellen würde.


Ein solcher Plan könnte auch die Wallanlagen insgesamt aufwerten. Mit Theater, Oper, Alter Oper und dem Literaturhaus beherbergen die Wallanlage wichtige öffentliche Einrichtungen. Wenn diese alle von ihrem Standort und ihrer Architektur her angemessen zur Geltung kommen dürfen, erhielt die Stadt Frankfurt auf Jahrzehnte hinaus eine der attraktivsten Kulturensembles einer deutschen Großstadt. Das setzt allerdings bei den politischen Protagonisten das Denken in Jahrzehnten oder für Generation voraus. Man kann gespannt sein, ob es diesen gelingt, ihren geistigen Horizont in dieser Sache so weit auszudehnen.


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