Ein Zukunftsmodell für die Commerzbank -Ein Kommentar von Thomas Seidel-


Commerzbank Zentrale in Frankfurt am Main

(Quelle: wikipedia, GNU-Lizenz, Urheber: Mylius/Roland Meinecke


Die jüngst bekannt gewordenen Einsparungsmaßnahmen bei der Commerzbank sind eine Folge jahrelang versäumter Restrukturierungen. Umso härter scheint es die betroffenen Arbeitnehmer zu treffen. Vieles kann man einem selbstgefälligen und orientierungslosen Management anlasten. Mindestens aber genauso viel Verantwortung fällt auf den Betriebsrat und die Gewerkschaft Verdi. Ein Modell für die Zukunft ist denkbar, wird aber nicht ohne politische Intervention möglich sein.

Unter den drei ehemaligen privaten Großbanken in Deutschland Deutsche Bank, Dresdner Bank und Commerzbank, wurschtelte die Commerzbank noch in den 1990er im traditionellen Geschäft mit Privat- und Firmenkunden und einer hoffnungslos überalterten Technologie recht phantasielos vor sich hin. Ein viel zu später Einstieg in das Investmentbanking kam nicht richtig in die Gänge und wurde vom mittleren Management teilweise torpediert. Neu- und Umstrukturierungen erfolgen im Halbjahrestakt und sind Ausdruck interner Machtrangeleien. Ein kampfstarker Betriebsrat stemmt sich in der Commerzbank seit jeher gegen jede Art von strukturierter Veränderung. Arbeitsabläufe, die in anderen Häusern bereits automatisiert worden sind, müssen von viel zu viel Mitarbeitern in mühseligem bürokratischem Papierkrieg uneffektiv bewältigt werden.

Als es dann 2008/2009 zur "Zwangsfusion" mit der von ihrer englischen Investmenttochter regelrecht ausgeplünderten Dresdner Bank kam, hatte die Commerzbank auf einmal einen Überhang von mehreren zehntausend Mitarbeitern und hunderten von Filialen. Vor allem aber hatte die Commerzbank keine wirkliche Strategie und schon gar kein Zukunftsvision. So verwaltete man mehr schlecht als recht den gewaltigen Überhang von Personal, Filialen und ein milliardenschweres Abwicklungserbe der übernommenen Dresdner Bank Geschäfte. Über zehn Jahre misslang jeder geschäftspolitische Neuanfang.

Unter der Führung von Martin Zielke kam es zu einem Hin- und Her. Erst sollte die Commerzbank  die filialreichste Bank in Deutschland bleiben, später wurde dann an dieser Stelle zusammen gestrichen. Erst tönte Zielke laut, wie unwichtig eine Digitalisierung sei, dann sollte zu spät an dieser Stelle Gas gegeben werden. Ein harter Schnitt beim Personalabbau kam dank Betriebsrat und Verdi nicht in Frage, man blieb auf zu hohen Kosten sitzen. Mangels eines zukunftweisenden Geschäftsmodells schwächelten die Erträge und bis heute sind die Altlasten aus der Übernahme der Dresdner Bank nicht vollständig erledigt. 

Inzwischen haben sich viele der besten Mitarbeiter schon längst neu orientiert und das Haus verlassen. Doch die Qualität einer Bank hängt vor allem von der Exzellenz ihrer Mitarbeiter ab. Unter der neuen Führung soll jetzt mit harter Hand ein Schnitt vollzogen werden. Radikaler Abbau bei Personal und Filialpräsenz sind das Rezept auf der Kostenseite. Fehlt noch eine Vorwärtsstrategie. 

Kernkompetenz sollte noch bei der Mittelstandsfinanzierung und vor allem im Aussenhandelsgeschäft vorhanden sein. Ein überaus wichtiger Punkt für die deutsche Exportnation und letztlich sogar das Motiv, warum die Commerzbank vor über 150 Jahren eigentlich gegründet worden war. Deshalb kommt auch keine Fusion mit einer nichtdeutschen Bank in Frage, die keinerlei Interesse an einer Unterstützung deutscher Exportfirmen hätte. Das sinnvollste wäre eine inländische Fusion mit Instituten aus dem Sparkassensektor. Geht nicht wegen dem überkommenen deutschen Drei-Säulen-Modell? Das ist Quatsch. 

Wenn der Politik, die ja ohnehin noch fett an der Commerzbank beteiligt ist, wirklich etwas an der Stärkung des Finanzplatzes Deutschland liegt, dann muss sie Druck ausüben, um die befestigten Abgrenzungen des Drei-Säulen-Modells auseinander zu brechen. Was es braucht, sind große stabile deutsche Finanzinstitute, die eine breite Basis im Inlands- und Auslandsgeschäft haben und sich in ihrer Größe in Bezug auf die nationale Wirtschaftskraft mit jedem ausländischen Konkurrenten messen lassen können. Ansonsten werden deutsche Exporteure künftig wieder in London, Paris oder sonst wo um Finanzierungen betteln müssen und von dort als lästige Konkurrenten am langen Arm ausgehungert werden.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Die Herrschaft der Minderheiten - Ein Essay von Thomas Seidel-

Erneute Verschleierung durch die SPD: Das Ende der Fallpauschale im deutschen Gesundheitswesen -von Thomas Seidel-

Südlich der Alpen* - Ein Reisebericht - von Thomas Seidel