Das Ende bayrischer Herrschaft in Berlin - von Thomas Seidel

Ehemaliger Innenminister Horst Seehofer (CSU) mit seinen acht Staatssekretären 2018
(Quelle: Der Tagesspiegel, Urheber: Screenshot: Hannah Neumann/@hannah_lberg)


Die Ampel-Koalition in Berlin bringt viele neue Personalien mit sich und man kann auch behaupten, es habe ein Generationenwechsel stattgefunden. Der neue Bundeskanzler Olaf Scholz sieht schon mal eine gewisse nordostdeutsche Kontinuität beim Regieren. Offensichtlich haben aber weder die SPD noch die Grünen und auch nicht die FDP bei der Besetzung ihrer Ministerposten sehr viel über einen bundesweiten Proporz nachgedacht. So kommt es, dass sich ganz im Stillen in der Bundespolitik eine andere kleine politische Revolution ereignet hat.

Man erinnert sich: als bei der Bildung des vierten Kabinetts Merkel der von Markus Söder gerade aus dem Amt des bayrischen Ministerpräsidenten herausgeschmissene Horst Seehofer ein letztes Mal in seiner politischen Karriere eine ihm sinngebende Aufgabe suchte, fand er sich in Berlin als Bundesinnenminister wieder. Seehofer nutzte die Gelegenheit und baute das Bundesinnenministerium zu einer Art CSU-Nebenregierung auf Bundesebene aus. Dazu setzte er acht gestandene Mannsbilder als Staatssekretäre ein. Die sollten wohl der übrigen, von einer Frau geführten Regierung zeigen, wo in Bayern der Bierkrug hängt. Seehofer sah seine Berufung in der neuen Aufgabe vor allem darin, jede weitere Migration in das schöne Deutschland systematisch zu verhindern. Unterstützt wurde er von seinen bayerischen CSU-Kasperln Alexander Dobrindt und Andreas Scheuer. Diese hielt er zwei Legislaturperioden mit der unlösbaren Aufgabe an der kurzen Leine, in Deutschland eine Autobahnmaut nur für Ausländer einzuführen. Solche und ähnliche bayrische Blödelein hat man immer wieder mal in der Bundeshauptstadt ertragen müssen. Von Franz Josef Strauß zahlreichen politischen und verbalen Fehltritten einmal abgesehen, tat sich unter Helmut Kohl vor allem ein gewisser Theo Waigel einmal als gescheiteter Finanzminister hervor, dem wir bis heute das deutsche Dauerdebakel bei der Europäischen Zentralbank verdanken.

Es liegt in der Natur der Sache, wenn die Schwesterparteien CDU/CSU an der bundesrepublikanischen Regierungsmacht sind, dass es diverse bayrische Politiker in die höchsten Ämter schaffen, was auch immer für peinliche Kabinettstückchen sie dort dann regelmäßig abziehen. Doch ist es schon bemerkenswert, wie konsequent die neue Ampelkoalition der bayrischen Herrschaft in Berlin allein durch die neue Ministerbestallung ein radikales Ende gemacht hat. Man kann erwarten, dass sich das auf den unteren Ministeriumsebenen auch so fortsetzt.

An dieser Entwicklung gibt es nicht auszusetzen. Der Einfluss Bayerns auf alle Regierungen Kohl und Merkel hat in der Rückschau mehr Probleme als Lösungen gebracht. Im Fall der Flüchtlingskrise, die eigentlich gar keine war, eskalierte die Sache Bayern versus Bund sogar einmal so sehr, dass es fast angebracht gewesen wäre, Artikel 37 Grundgesetz (Bundeszwang) gegen Bayern zur Anwendung zu bringen, da der damalige bayrische Ministerpräsident Horst Seehofer bereits damit anfing eine eigene, ihm wohlgefällige und völlig an der Regierung des Bundesrepublik Deutschland vorbei wirkende, Aussenpolitik etwa mit Österreich und Ungarn zu betreiben.

Wir wünschen den letzten bayrischen Protagonisten aus der alten Regierung einen angenehmen Ruhestand und wollen ansonsten nie wieder von ihnen politisch etwas hören. In Berlin jedenfalls wird in den kommenden Jahr durchweg wieder hochdeutsch gesprochen!

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