Frankfurter Einzelhandel im Wandel -von Thomas Seidel-


Nach über zwei Jahren pandemiebedingter Abwesenheit von der Frankfurter Innenstadt, lohnte es sich bei sonnig trockenem Maiwetter mal wieder durch die Frankfurter Innenstadt zu schlendern. Der Weg führte zu zwei Geschäftshäusern, die in der zurückliegenden Zeit grundlegende Veränderungen durchgemacht haben, das traditionsreiche und immer noch im Familienbesitz befindliche Haushaltswarengeschäft Lorey und der Kaufhof, jetzt GALERIA genannt, an der Hauptwache.

Ein Haushaltsfachgeschäft wie Lorey ist selten geworden in deutschen Städten. Lorey wurde in Frankfurt gegründet, existiert seit 225 Jahren und wird in der 7. Generation von einer Familie geführt. Man kann sagen, es ist eine Frankfurter Institution in der örtlichen Geschäftswelt. Der Ruf des Hauses gründete auf zwei Säulen, qualitätsvolle Waren und beste fachliche Beratung. Hier kaufte man Bürsten genauso wie  schwere und leichte Haushaltsgeräte, Kochgeschirr- und Kochgerät alles auf bestem technischen Niveau, feinstes Porzellan und Gläser genauso wie hochwertige Essbestecke und Textilien vom Küchentuch bis zu Leinentischdecken, alles, wenn man es wollte, unter geduldiger fachlicher Beratung. Typisch für das Haus Lorey war auch, wann immer man dort hinkam, der Laden war voll mit Kunden. Es tummelte und wieselte sich dort nur so, Samstags so manches mal in arger Bedrängung und mit entsprechend langen Schlangen an den Kassen.

Dann, vor zwei Jahren, nach einem lokalen Immobilienkrimi um den Verkauf des langjährigen aber sehr betagten Stammhauses an der Schillerstraße bzw. Großen Eschenheimer Staße, verlegte der Inhaber das Geschäft in das baulich völlig vermurkste Einkaufszentrum My Zeil, wo es jetzt im 1. Stock auf einer stark reduzierten Verkaufsfläche sein, man muss es so sagen, Dasein fristet. Das erste was an dem Ladenlokal auffällt ist die Abwesenheit von Kunden. Das lag bestimmt nicht daran, dass wir es an einem Tag unter Woche besuchten. Es liegt vor allem daran, dass es sich an einem fernen verwinkelten Ende dieses Einkaufszentrums befindet und sicherlich auch an der Art des Publikums, welches jene merkwürdig unpassende Einkaufszentrum in der Regel bevölkert. Das Innere des Geschäftes ist zeitgemäß gestaltet, aber der langjährige Stammkunde bemerkt sofort das stark ausgezehrte Sortiment. Hier findet man nicht mehr das, was man zum täglichen Haushaltsbedarf wirklich braucht. Das Geschäft und das Sortiment hat die Anmutung eines gehobenen "Butlers"-Gruschladens, da hilft auch die geschätzte Expertise der wenigen verbliebenen Fachmitarbeiter nur noch wenig, um sich genügend vom übrigen durchschnittlichen Dekoladen abzuheben.

Ganz anders ist da der Auftritt für das Sortiment der gehobenen Haushaltswaren im neuen Spitzenhaus des ehemaligen Kaufhof, jetzt GALERIA genannt. Allein die Ausstattung mit Bedarfsgütern des Haushaltwarensegments erstreckt sich über zwei Etagen. Durch die Flächenerweiterung an die ehemals angrenzende Zeil-Galerie des früheren Immobilienpleitiers Jürgen Schneider hat Kaufhof-GALERIA an der Frankfurter Hauptwache enorm an Tiefe hinzu gewonnen. Dankenswerterweise hat man sich bei der Planung der Innenausstattung nicht dazu verleiten lassen, alles mit Regalen, Ständern und Waren voll zustopfen. Dadurch werden dem Kunden großzügige Wege zum Flanieren und ein weiter Gesamtüberblick gelassen. Leider fehlt den deutschen Kaufhäusern der Nachkriegszeit in der Regel eine beeindruckende Raumhöhe, wie man das etwa von der Galerie Lafayette oder dem Kaufhaus Printemps in Paris oder Harrods in London her kennt. Das bekommt man hierzulande nur beim KDW in Berlin, dem Alsterhaus in Hamburg  und, wenn es denn betrieben würde, im ehemaligen Karstadt-Kaufhaus in Görlitz geboten.


Gleichwohl ist es auch dem neuen Eigentümer der GALERIA, der Signa Holding des Österreichers René Benko, nicht gelungen, im Zuge der Neuaufstellung des Frankfurter Hauses einige wichtige Makel zu beseitigen. Der Kaufhof an der Hauptwache hat immer darunter gelitten, dass er kein eigenes Parkhaus für seine Kundschaft hat. Der direkte Zugang zur B-Ebene an der Frankfurter Hauptwache mit all ihren S- und U-Bahn-Linien ersetzt diesen Mangel nicht. Kunden die wirklich Geld ausgeben wollen und können, rollen nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln an. Dabei hätte man jetzt einen unterirdischen Zugang zur nahen riesigen Tiefgarage des Einkaufzentrums My Zeil anlegen können. 

Weiterhin ist wieder die Chance vertan worden, die schreckliche Fassade des Hauses zur Hauptwache hin wieder in ihren ehemals luftig und lichten, hellen und fensterreichen aber immer noch vorhandenen Zustand aus den 1950er Jahren angemessen zurück zu versetzen. Noch immer sieht der Komplex eher aus wie ein festungsartiges Gefängnisgebäude mitten in der Stadt. Dazu passt, dass es leider mit der Eröffnung der neuen GALERIA auch nicht gelungen zu sein scheint, eine dringend notwendige Erneuerung des Stammpersonals herbeizuführen, von denen sich weiterhin viele eher wie Gefängnisaufseher gegenüber ihren Kunden verhalten. Es ist bekannt, unter den Kaufhauskonzernen in Deutschland gelten die alte Mannschaften des Kaufhofs als die weithin arrogantesten, unangenehmsten, und kundenunfreundlichsten Mitarbeiter. In Frankfurt gilt das vor allem für die Schranzen an den Kassen der Lebensmittelabteilung. So nutzt alles andere Neue nichts, denn ob die Kunden zufrieden das Haus verlassen und gerne wieder kommen werden, hängt vor allem von der Freundlichkeit, der Fachkompetenz und dem Dienstleistungsbewusstsein der Mitarbeiter ab.


Bildnachweise: 

oberes Bild: Bilder des neuen Lorey Geschäftslokals in der My Zeil; Quelle: Google, shopyfi, Urheber: Fa. Lorey

unteres Bild: Abbildung des Kaufhofs an der Frankfurter Hauptwache 1957; Quelle: Google, oldthing.de


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