Keine Maßnahme der EZB nützt ohne Strukturreformen der Länder -Bericht von der ersten Pressekonferenz im neuen Gebäude- von Thomas Seidel

Mario Draghi begrüßte das versammelte Presschor in den neuen Räumlichkeiten der EZB, jetzt direkt am Mainufer des Frankfurter Ostend. Bankgebäude, ob sie sehr hoch oder sehr weitläufig gebaut sind, erwecken immer die Erwartungshaltung von etwas Prunk und Protz. In gewisser Weise war dies auch am alten Standort der EZB, mitten im Frankfurter Bankenviertel in einem Hochhausbau aus den 1970er Jahren gelegen, so. Zumindest in den Publikumsräumen ein bisschen Holztäfelung, ein schrittdämpfender Teppich, wenngleich genauso geschmacklos wie in den meisten Kettenhotels, ein bisschen Wärme und Kunst.

Gesamtansicht neues EZB Hochhaus mit alter Großmarkthalle im Vordergrund (Quelle: EZB)

Das alles ist in dem neuen Gebäude nicht so. Hier herrschen nüchterne Sachlichkeit, Beton, Glas und Metall vor. Zugegeben, das Gelände ist auch noch ein wenig Baustelle. Vielleicht wird auch etwas Kunst in die Räumlichkeiten einziehen. Aber ansonsten besticht der neue Sitz der Europäischen Zentralbank vor allem durch seine solitäre Lage am östlichen Mainufer der Stadt. Weit und breit gibt es kein auch nur annähernd so großes Gelände und Hochhaus. Unübersehbar kann jeder die Lage dieser Zentralbank erkennen. Diese Einzigartigkeit wird auch noch durch die Weitläufigkeit des Geländes betont, von dessen Rand her kein Bau Schatten auf den Komplex werfen wird. Das alles wird unterstrichen von der Verbindung des neuen, außergewöhnlich in sich gekrümmten Hochhauses, mit dem weitestgehend erhaltenen Bau der alten Großmarkthalle aus den 1920er Jahren. Man mag darüber streiten, ob architektonisch oder ästhetisch das alles ideal zusammen passt. Unbestritten aber hat die Stadt Frankfurt mit diesem europäischen Verwaltungsbau einen Komplex hinzugewonnen, wie es ihn in anderen europäischen Metropolen kein zweites Mal gibt. Ein echter Hingucker und Tourismusmagnet, zumal sich der ganze Komplex künftig auf eine angenehme Weise für das Publikum parkähnlich hin zum Mainufer öffnet.

Typische Innenansicht, erst herrscht Glas, Stahl und Beton in nüchterner Atmosphäre (Quelle: EZB)

Nüchtern ging es dagegen in der Pressekonferenz über die Ergebnisse der letzten EZB-Ratssitzung in diesem Jahr zu. Erwartungsgemäß werden die Kernzinssätze unverändert gelassen. Nicht neu war auch die Nachricht, dass man mit den angekündigten Ankaufprogrammen von Bonds und Asset-Backed-Securities begonnen hat. Die anhaltend ganz schwache Inflation, die vor allem durch den sinkenden Ölpreis verursacht wird, geht einher mit einem weiterhin schwächelnden Wirtschaftswachstum. So wird bereits angekündigt, über weitere Maßnahmen des Quantitative Easing (QE) nachzudenken, wenn die Konjunktur weiterhin nicht deutlicher anspringt. Angesprochen darauf, welche Assets die EZB ankaufen wird, schließt Draghi aber vor allem die Idee von Goldankäufen eher aus. Auch wurde deutlich, dass QE nicht für den Ankauf von Fremdwährungen herangezogen wird. Klar sei, die Ankaufprogramme von Assets werden die Bilanz der EZB ziemlich aufblasen. QE habe wohl in den USA und Großbritannien bisher ganz gute Erfolge erzielt, in Japan dagegen allerdings eher nicht.

Eine Bürolandschaft im neuen Hochhaus. Nur Pflanzen und Möbel spenden Farbtupfer (Quelle: EZB)

Die in den Ländern der EU sehr unterschiedlichen Wirtschaftsverläufe werden nach dem Junker-Plan ab 2015 durch weitere Investitionsvorhaben unterstützt. Bezüglich der Qualität dieses Plans machte Draghi deutlich, man müsse schon deshalb Vertrauen in diesen Plan haben, weil er der einzige sei den Europa überhaupt habe. Doch alle Geld- und Krediterleichterung seitens der EZB würden auf die Dauer ihre Wirkung verfehlen, wenn es nicht in den Ländern zu notwendigen Strukturreformen kommt. Solche seien allerdings Sache der einzelnen Staatssouveränität. Dazu werde die EZB weder Vorschläge machen, oder gar zu einzelnen Regierungsentscheidungen irgendwelche Gegenmaßnahmen einleiten.

 Der Eingangsbereich durchbricht den Bau der alten Großmarkthalle (Quelle: EZB)


So geht das Jahr 2014 aus Sicht der EZB mit einer eher abwartenden Haltung für die unmittelbare Zukunft und wenig Optimismus zu Ende. Ob die auch ansonsten kühle Atmosphäre während dieser Pressekonferenz nur den neuen nüchternen Räumlichkeiten oder den ernüchternden Wirtschaftsfakten geschuldet ist bleibt abzuwarten.

Abendstimmung über der EZB. Das Bankenviertel liegt weit im Westen Frankfurts (Quelle: EZB)

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