Ist das Infaltionsziel der EZB noch angemessen? -Bericht von der EZB Pressekonferenz- vom 3. September 2015 von Thomas Seidel

Die EZB hat am Donnerstag wieder eine Sitzung des Governing Council hinter sich gebracht. Die Schlüsselzinssätze bleiben danach unverändert. Das Ankaufprogramm von Wertpapieren wird fortgeführt. Unter Umständen wird erwogen, das Ankaufprogramm für Anleihen sogar noch auszudehnen, da die europäische Wirtschaft Anzeichen einer leichten Schwäche zeigt.

EZB Pressekonferenz am 3. September 2015
mit Präsident Mario Draghi (Mitte)
Quelle: Thomas Seidel

Dabei wurde im Governing Council nicht darüber diskutiert, ob eine Ausweitung des Ankaufprogramms entweder über eine längere Laufzeit oder ein größeres Volumen vorgenommen werden könnte. Die Entwicklung der Inflation hänge zur Zeit vor allem am Ölpreis. Der sei nach wie vor so niedrig, weil die Nachfrage schrumpft, aber das Angebot mehr als ausreichend bleibe. Diese Entwicklung sei vor allem von der nachlassenden Wirtschaft in China bestimmt. EZB-Präsident Mario Draghi sieht überhaupt die wirtschaftlichen Probleme vieler Schwellenländer als andauernd an. Mit einer schnellen Erholung sei hier wohl nicht zu rechnen.

Das Anleihe-Ankaufprogramm habe nach Feststellung der EZB positive Auswirkungen, sowohl auf die Bereitstellung, als auch auf die Konditionen von Krediten an Firmen und private Haushalte. Dennoch sei mit einem Anstieg von 0,3 Prozent das Bruttosozialprodukt in der Eurozone im 2. Quartal 2015 verhaltener gewachsen als ursprünglich erwartet. Die Erwartungen für das zweite Halbjahr 2015 sei zwar insgesamt eine weitere wirtschaftliche Erholung, aber auf einem verhaltenerem Niveau als bisher. Für diese Entwicklung sei nicht zuletzt auch das schwächere Wachstum aus den Schwellenländern verantwortlich. Dennoch bleibe man zuversichtlich, dass es für das Gesamtjahr 2015 zu einem Anstieg beim Bruttosozialprodukt um 1,4 Prozent komme, gefolgt von weiterem moderaten Anstieg in den beiden Folgejahren von 1,7 bzw. 1,8 Prozent.

Weiterhin kräftig wächst sowohl die Geldmenge M3, mit 5,3 Prozent im Juli gegenüber 4,9 Prozent im Juni 2015. Das geht einher mit einem Wachstum der Geldmenge M1 von 12,1 Prozent im Juli verglichen mit 11,7 Prozent im Juni 2015. 

Die EZB mahnt dringende Strukturreformen vor allem im Arbeitsmarkt an. Die Mahnrufe der EZB werden dabei immer dringlicher. Das Aufgabenpaket für die Politik beschränkt sich inzwischen nicht nur den Arbeitsmarkt. Investitionen in die Infrastruktur gehören ebenfalls dazu. Erst durch ein Zusammenspiel von politischen Reformen und einer entsprechenden Geldpolitik würde eine nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum erreicht werden können. Das gelte auch für die Fiskalpolitik. Sie müsse eine wirtschaftliche Erholung unterstützen. Ziel all dieser Maßnahmen sollte es letztendlich sein, die Eurozone abwehrbereiter gegen globale Schocks zu machen.

Draghi ging auch auf die verschiedenen politischen Äußerungen bezüglich der Etablierung einer europäischen Budgetbehörde ein. Danach würde die EZB eine solche Einrichtung durchaus begrüßen, wenn sie denn tatsächlich käme. Der Zweifel daran war nicht zu überhören.


Aus dem Kreis der versammelten Journalisten kam die Frage, ob unter den gegebenen geldpolitischen Rahmenbedingungen, mit aktuellen Niedrigzinsen und einer erweiterten Geldversorgung, das bekannte Inflationsziel der EZB, nahe aber knapp unter zwei Prozent, nicht grundsätzlich hinterfragt werden müsse. Die Antwort von Mario Draghi darauf wirkt ernüchternd. Nein! Diese Frage wurde im Kreis des Governing Council nicht diskutiert. Das ist durchaus erstaunlich, kommt es doch trotz rekordverdächtig niedriger Zinsen und einer enormen Versorgung der Wirtschaft mit liquiden Geldmitteln auch nach Monaten immer noch nicht zu einem entscheidenden Anspringen des Konjunkturmotors. Angesichts der, selbst von der EZB festgestellten, vorhandenen Dauerschwäche europäischer Wirtschaftsentwicklung, erscheint ein Inflationsziel von knapp unter zwei Prozent tatsächlich eher wie eine Schimäre.

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