Christine Lagarde: Die Welt braucht einen Drei-Wege-Ansatz von Thomas Seidel

Christine Lagarde Präsidenten des Internationalen Währungsfonds IWF
(Quelle: Thomas Seidel)
Mit einer famosen Referenz an, und Zitaten von, Johann Wolfgang von Goethe reicherte die Präsidentin des Internationalen Währungsfonds ihren eindringlichen Appell an Verantwortliche in Politik und Wirtschaft an, die weltweit durchaus vorhandene, aber gleichmaßen fragile wirtschaftliche Entwicklung zu stützen.

Jens Weidmann Präsident der Deutschen Bundesbank Gastgeber
(Quelle: Thomas Seidel)
Unterschiedliche Entwicklungen
Die zarte Pflanze wirtschaftlicher Erholung droht wieder auszutrocknen. Global entwickle sich das wirtschaftliche Geschehen sehr unterschiedlich. Während wichtige Länder und Regionen schwächeln, etwa wie China, die USA, Europa und Japan, kämen andere Volkswirtschaften wie Indien, Indonesien, Malaysia, Philippinen und Vietnam sehr gut voran. Effekte wie der schwache Wechselkurs des Euro und niedrige Ölpreise helfen Europa. Abnehmende Kapitalabflüße aus China seien dort hilfreich. Der starke Dollar wiederum belastet aber die US-Wirtschaft. So haben gleiche Effekte recht unter-schiedliche Auswirkungen auf die einzelnen Volkswirtschaften. Industrieländer werden von hohen Schuldenlasten, niedriger Inflation, schwacher Produktivität und manchmal hoher Arbeitslosigkeit geplagt. Entwicklungsländer haben Probleme mit niedrigen Rohstoffpreisen, hohen Firmenverschuldungen, schwankenden Kapitalflüssen und schwachen Kreditfinanzierungen. Auch sehe man die globalen Finanzrisiken keineswegs als abgesichert an. Verstärkt werde alles noch durch die andauernden kriegerischen Auseinandersetzungen und eine unbewältigte Flüchtlingskrise. Nicht zuletzt die weiter auseinandergehende Schere zwischen Armen und Reichen macht der IWF-Chefin Sorgen. Frustriert über scheinbar nicht funktionierende internationale Normen, würde sich die Stimmung in einigen Ländern wieder der Isolation und dem Protektionismus zuwenden.

Drei-Wege-Ansatz
Dem hält Lagarde einen Drei-Wege-Ansatz entgegen. Zunächst müsste es mit den Strukturreformen weiter gehen. Dabei gäbe es keine allgemein gültig richtige Lösungen. Jedes Land müsse individuell für seine Bedürfnisse die Regeln anpassen. So könnten die USA beispielsweise mit einer Anhebung der Mindestlöhne, Familienunterstützung und Steueranreizen für mehr Wachstum sorgen. In der Eurozone sollten Jobprogramm vor allem jungen Leuten helfen sich zu qualifizieren und in Arbeit zu kommen. Entwicklungsländer müssten sich wirtschaftlich besser diversifizieren und einseitge Abhängikeiten etwa von Rohstoffen abbauen.

Otmar Issing vom Center for Financial Studies
führt durch die Zuschauerfragen
(Quelle: Thomas Seidel)
Ein weites Feld sei auch die Steuerpolitik. Es gäbe Beispiele für gezielte Fiskalmaßnahmen etwa in Infrastrukturen, wie in Indien oder Deutschland. Klug eingesetzte Investitionen brächten mehr Effizienz und doppelte wirtschaftliche Impulse. Lagarde betont allgemein die Wichtigkeit staatlicher Investition für Innovationen. Während einige Länder hart an der fiskalischen Konsolidierung arbeiten müßten, könnten andere Länder vorhandene fiskalische Spielräume besser nutzen. Lagarde hebt hier besonders den jüngsten Haushalt von Kanada als positives Beispiel hervor.

Schließlich spiele nicht zuletzt eine gelungene Geldpolitik eine wichtige Rolle. Lagarde begrüßt die jüngsten Gelderleichterung etwa durch die EZB und deren Nullzinsbeschlüße genauso, wie die moderaten Zinsanhebungen in den USA. Doch warnt sie eindringlich davor, Geldpolitik als das allein seeligmachende Allheilmittel für wirtschaftlichen Aufschwung anzusehen. Nur wenn auf allen drei Feldern gleichzeitg Erfolge erzielt werden können, wäre es günstig für die Weltwirtschaft.


Auf keinen Fall dürfte es wieder zu Abschottungen einzelner Länder kommen. Richtig könne nur eine verstärkte globale Kooperation sein. Kaum ein Land wird seine spezifischen Probleme mehr ganz aus eigener Kraft bewältigen können. In dieser Einschätzung ist Christine Lagarde für den IWF ganz auf der gleichen Linie wie Wolfgang Schäuble von der deutschen Bundesregierung und Juzhong Zhuang von der Asia Development Bank es wenige Tage zuvor am gleichen Ort ausgeführt haben. Die Einsichten sind wohl da. Die Lösungen liegen auf dem Tisch. Allein es fehlt an der politischen Umsetzung in vielen Ländern.

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