Bericht über die ILF Konferenz über: Basel III -Are we done now?- von Thomas Seidel
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Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel Der Ort nach dem das Regelwerk benannt ist (Quelle: wikipedia, Lizenz Freie Kunst) |
Erst im letzten Dezember ist es, nach
nahezu zehnjährigen zähen Verhandlungen zu einer Verabschiedung des
neuen globalen Regelwerks Basel III für die Finanzindustrie
gekommen. Wir hatten darüber bereits berichtet. (Hier einfügen des
links). Basel III soll im Wesentlichen einen Beitrag dazu leisten,
die Möglichkeiten einer erneuten verheerenden weltweiten Finanzkrise
einzudämmen. Nun ist es an der Zeit, unter Fachleuten darüber zu
diskutieren, was die Vereinbarung über Basel III gebracht hat. Das
Institut for Law and Finance (ILF) tat dies dieser Tage in Frankfurt
am Main.
Zur Bewältigung dieser komplexen
Materie, wurde die Veranstaltung in mehrere Diskussionsgruppen
aufgeteilt, die sich jeweils mit Teilaspekten beschäftigten. Den
einführenden Vortrag hielt Stefan Ingves von der Schwedischen
Reichsbank, der das Basler Komitee bis zu Verhandlungsende leitete.
Ingves leitet seine Ausführungen gleich mit einem Kernproblem ein.
Die lange, über fünfjährige, Umsetzungsperiode für Basel III.
Natürlich könne es in diesem Zeitraum zu neuen Rahmenbedingungen
kommen, die dann auch zu Nachverhandlungen von Basel III führen.
Ingves warnt jedoch davor, das einmal Erreichte deswegen wieder in
Frage zu stellen. Ingves nennt auch ein Beispiel, wie etwa die sich
immer schneller entwickelnden Cyberrisiken. Was sich nicht umsetzen
ließ, war eine angemessene Berücksichtigung der Staatsschulden. An
diesen und einem anderen Thema wie dem Floor, den bekanntlich die
deutsche Seite von 80 auf 72,5 Prozent herunter gehandelt hat, wird
deutlich, unter welch politischem Druck solche Gespräche
stattfinden.
Ist das Ergebnis ein Meilenstein?
Das erste Panel beschäftigte sich mit
der Frage, ob man jetzt einen Meilenstein erreicht hätte? Teilnehmer
waren u.a. William Coen, Generalsekretär des Basler Komitees,
Andreas Dombret, Vorstand der Deutschen Bundesbank, moderiert von
Nicolas Veron, Senoir Fellow bei Bruegel.
Panel I: v.l.n.r. William Coen, Stefan Ingves, Andreas Dombret, Michael S. Gibson, Nicolas Veron (Quelle: Thomas Seidel) |
Die durch Basel II erstmals
vorgestellten Möglichkeiten, mit denen die Banken nach internen
Modellen ihre Risiken berechnen konnten, haben wohl vor allem der
Finanzaufsicht Probleme bereitet. Doch hätten Interne Modelle auch
Vorteile, solange die Banken und eine Finanzaufsicht sich auf einen
Ansatz geeinigt haben. Darüber hinaus müssten sie in die jeweiligen
nationalen Systeme passen. Was den Aufwand der Regulierung nach Basel
III angehe, so sei das Regelwerk nie für kleine Banken gemeint
gewesen. Nun sei Zeit für eine regulatorische Pause. Die Regeln
müssten jetzt vor allem implementiert werden. Zu bedauern sei, dass
das Thema Staatsschulden nicht schon in die neuen Regelungen
einbezogen werden konnten. Doch sei die Sicht der USA auf die Frage
der Staatsschulden ein deutlich andere, als die der Europäer.
Wie wird mit Basel III nun umgegangen?
Über den angemessenen Umgang mit dem
Regelwerk unterhielt sich das zweite Panel, mit Teilnehmern wie
Sabine Lautenschläger, Vize-Präsidentin des SSM, Olivier Guersent,
Generaldirektor der Europäischen Kommission und dort u.a. für
Finanzstabilität zuständig, Paul Hilbers, De Nederlandsche Bank; moderiert
von Patrick Kanadjian von Davis Polk & Wardwell London.
Panel II: v.l.n.r. Olivier Guersent, Sabine Lautenschläger, Paul Hilbers, Patrick Kenadjian (Quelle: Thomas Seidel) |
Risiken einzuschätzen sei sehr
schwierig. Dazu benötige es auch die richtigen Kapazitäten in der
Finanzaufsicht, die ihrerseits wieder Zeit brauche, um sich selbst
für die Anwendung von Basel III zu qualifizieren. Basel III liefere
einen Rahmen und setze die richtigen Anreize für die Banken. Nun
einen globalen Standard zu haben, sei wichtiger als etwa die
Diskussionen über die Höhe des Floor. Die Folgen der neuen
Kapitalanforderungen seien für die Finanzbranche erträglich. Die
EU-Kommission schätzt die erweiterten Kapitalanforderungen im
Schnitt auf 30 Prozent ein. Das sei jedoch wegen der langen
Übergangsperiode vertretbar. Doch die Banken dürften sich nicht nur
mit Basel III beschäftigen. Es gäbe auch noch andere
Herausforderungen, etwa wie die sich verändernden Märkte und die
Cyberrisiken. Auch dürfe man sich nicht von den Märkten treiben
lassen. Die Wandlungszeit sei jetzt neuen Jahre und es gäbe (formal)
keinen Anlass vorher fertig zu sein. Neue Risiken, wie z.B.
Operationelle Risiken seien zur Zeit kaum modellierbar, weil schlicht
keine ausreichende Datenbasis vorhanden sei.
Ist das Regelwerk Basel III ausreichend?
Ob man weit genug gegangen sei, darüber
sprachen die Teilnehmer des dritten Panel. Mit Isabel Schnabel von
der Universität Bonn, die auch im deutschen Sachverständigenrat
(Wirtschaftsweisen) sitzt und Charles Goodhart von der London School
of Economics sprachen dazu zwei bekannte Kritiker.
Panel III: v.l.n.r. Charles Goodhart, Isabel Schnabel, Douglas Elliott (Quelle: Thomas Seidel) |
Wisse man zehn
Jahre nach der Finanzkrise überhaupt noch wofür man die neuen
Regeln brauche? Die Regeln der Kapitalunterlegung komme vor allem der
Finanzindustrie entgegen, insofern gehe Basel III nicht weit genug.
Banken seien nunmal juristische Personen. Sie hätten keine Gefühle,
keine Intelligenz, keine Ethik und auch kein Risikobewusstsein. Es
gehe vielmehr um die Banker, welche eine Bank ausmachen. Die Manager
hätten die falschen Anreize, Quartal für Quartal immer mehr Profit
zu machen. Große Boni seien die falschen Anreize. Die Finanzaufsicht
müsste sich viel mehr auf die Banker beziehen, als auf die Banken an
sich. Doch die Aufseher seien nach wie vor nicht qualifiziert, etwa
wenn es um die Komplexität eines Hypothekendarlehens gehe. Ein
weiterer Fehler sei die Fokussierung auf die Kapitalausstattung der
Banken, statt auf deren Liquidität zu achten.
Reflektionen der Investoren
In einem vierten Panel kommen Vertreter
der Investoren zu Wort und erörtern was Basel III für sie bedeute.
Beiträge kamen hier von Laurie Meyers von der Ratingagentur Moody's
Europe, Stuart Graham von Banks Strategy und Philippe Borderau von
Pimco Europe.
Panel IV: v.l.n.r. Philippe Borderau, Stuart Graham, Laurie Meyers, Levin Holle (Quelle: Thomas Seidel) |
Die inhaltliche Essenz der Aussagen dieser Teilnehmer
spiegelt allerdings eine andere Haltung wieder. Letztlich sind den
Investoren sowohl die Rahmenbedingungen unter denen Banken arbeiten
müssen, ja selbst die Banken als solche ziemlich egal. Sie rechnen
einfach vor, wie viel Profit und welche Profitmaximierung sie von
Gesellschaften erwarten und richten ihre Kapitalmittel dahin, wo es
ihrer Meinung nach am profitabelsten ist.
Fazit
Die Uneinigkeit in der
Staatsschulden-Frage macht deutlich, wie politisch das ganze Thema
Bankenregulierung gehandhabt wird. Das ewige Feilschen um kleinste
Kompromisse kommt eben nicht nur bei Regierungsbildungen vor. Aber
zehn Jahre sind ein zu langer Zeitraum, selbst um auf globaler Ebene
etwas zu erreichen.
Die Schwächen der Finanzaufsicht
wurden durch diese Veranstaltung ganz deutlich gemacht. Nachdem in
Basel II mit den Internen Modellen ein recht fortschrittlicher Ansatz
für die Risikoberechnung formuliert worden war, haben sich vor allem
die Regulierer als damit überfordert herausgestellt. Das liegt zum
einen an den mangelnden wirtschaftswissenschaftlichen Voraussetzungen
des Aufsichtspersonals, aber zum anderen auch daran, dass die
Aufseher zu lange konfrontativ statt kooperativ die Banken
beaufsichtigt haben. Es macht Hoffnung, dass es die Vertreter der
Aufsichten selbst sind, die diese Mängel erkannt und benannt haben.
Man kann also erwarten, dass durch Basel III vor allem die Aufsicht
selbst sich entsprechend neu aufstellt und qualitativ orientiert.
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Das Publikum diskutierte heftig mit (Quelle: Thomas Seidel) |
Das zu lange der Fokus auf der
Kapitalausstattung und weniger auf der Liquidität gelegen hat, sind
wahre Worte. In diesem Thema besteht drastischer Handlungsbedarf. Das
ist vor allem an die Zentralbanken adressiert, die die Mittel und die
Möglichkeiten haben, den Banken eine ausreichende
Liquiditätshaltung, etwa durch die Mindestreserve, kurzfristig
abzufordern.
Was die fehlende Datenbasis für die
Einschätzung von Operationellen Risiken angeht, sollte sich die
Aufsicht einmal die internen Fehlerberichte der Banken für die
letzten zehn Jahre zur Auswertung offen legen lassen. Man wird
erstaunt sein, wie mangelhaft die Prozesse, wie perforiert die IT und
wie unqualifiziert das handelnde Personal auf allen Ebenen in den
Banken heute ist. Charles Goodhart spricht es so deutlich aus wie
nötig: Nicht so sehr die anonyme Bankgesellschaft, sondern die
Banker selbst müssten im Fokus der Aufsicht stehen. Das gilt
insbesondere für das Topmanagement. Auch dazu hat Goodhart eine
treffende Aussage gemacht. Die Leute wollen nicht das die Banken
geschlossen werden, sie wollen die Banker für ihr Fehlverhalten
bestraft werden.
Das ganze System der Bonuszahlungen,
der quartalsweisen Berichtserstattungen und der
Transparenzverpflichtungen führt zu völlig falschen Anreizen. Statt
stabiles langfristiges Wachstum und nachhaltige Geldanlagen, stehen
nur kurzfristige Gewinnmaximierung im Vordergrund. Kein Teilnehmer
hat die profitgierige Widerwärtigkeit des derzeitigen System
emotionsloser beschrieben als Stuart Graham für die
Aktieninvestoren. Nur das Hier und Heute zählt. Eine Zukunft, für
wen auch immer, spielt keine Rolle.
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