Mario Draghi sagt Target 2-Kritikern deutlich seine Meinung -Bericht von der EZB-Pressekonferenz vor der Sommerpause 2018- von Thomas Seidel
Vor der Sommerpause gibt es in Sachen
Euro keine Sensationen. Die Aufreger der Stunde finden vor allem
jenseits des Atlantik statt. Eine unvorsichtige Frage führt jedoch
dazu, vor allem den Kritikern der Target 2-Salden einmal ordentlich
über den Mund zu fahren.
In seiner letzten Sitzung vor der
diesjährigen Sommerpause hat der EZB eigentlich entschieden, nichts
zu entscheiden. Jedenfalls sind die Zentralbank-Zinssätze und die
Konditionen des ausserordentlichen Ankaufprogramms unverändert
geblieben. Man hat auch nichts anderes erwartet. Die ökonomischen
Grundlagen für diese Nichtentscheidung haben sich auch nicht
verändert. Die Eckdaten der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im
Euroraum sind weitestgehend gleich geblieben. Anhaltendes
Wirtschaftswachstum, sinkende Arbeitslosigkeit und damit einhergehend
zumindest nicht zunehmende Staatskosten im sozialen Bereich, sowie
eine moderate aber nicht wirklich genau definierbare Inflation
stellen im Großen und Ganzen die derzeitige Situation dar. Irland,
Portugal, Spanien und Griechenland befinden sich auf einem positiven
Weg, nur die unklare Entwicklung in Italien gibt Anlass zum
Nachdenken.
Über Frankfurt flimmert die Hitze Blick von der EZB auf den neuen Henninger Turm (Quelle: Thomas Seidel) |
Bei so viel sommerlichen Sonnenschein
in Europa, fokussiert sich die Diskussion daher eher auf
Nebenschauplätze. Einer davon ist der aktuelle Handelsstreit, den
die USA nicht nur mit Europa angezettelt haben. Immerhin, so Mario
Draghi, seien die stattfindenden Verhandlungen ein gutes Zeichen für
multilaterale Gespräche. Man sehe im EZB-Rat schon eine gewisse
Abschwächung im allerdings ausserordentlichen Exportwachstum der
letzten Jahre. Allerdings würden andere Indikatoren wie
Investitionen und privater Konsum weiterhin eine positive Entwicklung
zeigen.
Angesichts einer gewissen Müdigkeit
bei 37 Grad Sommerhitze draussen vor dem EZB-Pressezentrum, wirkt
eine Anfrage wegen des deutschen Dauerthemas der Target 2 Salden,
zunächst wie ein Lückenfüller für eine lahmende Pressekonferenz.
Doch Mario Draghi greift dieses Thema auf, um die ständig nörgelden
Kritiker über die deutschen Target 2 Salden einmal richtig in den
Senkel zu stellen. Zunächst erklärt Draghi die Sachlage. Target sei
ein Zahlungssystem und jedes Zentralbanksystem brauche eben auch ein
System, um Transaktionen abwickeln zu können. Ein solches System
aber stelle für sich kein Risiko dar. Die in der Kritik stehenden
hohen Salden bei manchen Zentralbanken des Euro-Systems seien
hauptsächlich durch das Ankaufsprogramm der EZB selbst verursacht.
Dann schließt Draghi seine Ausführungen mit der Bemerkung ab, die
Kritiker der Target-Salden seien Leute, die den Euro selbst nicht
mögen.
Über die tatsächliche Funktion der Target-Salden kann man auch einen Beitrag von Prof. Martin Hellwig in der FAZ vom 29. Juli 2018 nachlesen: Wider die deutsche Target-Hysterie
Über die tatsächliche Funktion der Target-Salden kann man auch einen Beitrag von Prof. Martin Hellwig in der FAZ vom 29. Juli 2018 nachlesen: Wider die deutsche Target-Hysterie
Fazit
Sicher wird in Deutschland deswegen die
Kritik am Euro nicht verstummen. Die Sehnsucht nach der „guten
alten Deutschen Mark“ ist genauso irreal, wie der Wunsch viele
britischer Brexit-Befürworter nach den „guten alten imperialen
Zeiten“. Beides wird so nicht wieder kommen. Andere Europäer
sollten sich freilich mit jeglicher Kritik am Euro zurück halten.
Man erinnere sich, niemanden konnte es Ende der 1990er Jahre
schneller gehen, ihre alten nutzlosen Landeswährungen endlich
eintauschen zu können, als gerade den Belgiern, Franzosen und vor
allem den Italienern.
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