Immobiliensuche für Hochbetuchte -Eine bitterböse Satire von Thomas Seidel-

Coburg Veste
(Quelle: wikipedia, CCL, Urheber: Störfix)


Die jüngste Europawahl ist gelaufen und in Großbritannien hat die Partei der Brexitiers mit über 30 Prozent den höchsten Stimmenanteil. Tories und Labour fielen in die relative Bedeutungslosigkeit. Jetzt ist klar, das Land will raus aus Europa, koste es was es wolle. Gut vorstellbar, dass vor allem die Schotten versuchen werden sich in einem erneuten Referendum von dem Vereinigten Königreich ab- und Europa wieder zu zuwenden. Dann ist Schluss mit der Personalunion des britischen Königshauses, das bekanntlich allein die Kronen von England und Schottland auf sich vereint. Ja es kann nicht ausgeschlossen werden, dass quasi in einem erneuten Cromwellschen Sturm das Königreich endgültig in eine Republik verwandelt wird. Für diesen Fall ist es gescheit, schon mal nach einer Immobilie für die möglichen Exilianten des Hauses Windsor-Mountbatten zu suchen. Das kann eine interessante Betrachtung sein.

Bekanntlich sind die Ursprünge des regierenden Königshauses von Großbritannien über viele Generationen hinweg sehr sehr deutsch. Begonnen hat das im frühen 18. Jahrhundert, mit der Inthronisierung von George I. einem Welfen aus dem Hause Hannover. Dem folgte ein Zweiter und ein Dritter, ein Vierter und mal kurz ein Wilhelm IV, bis es zur Kronerbschaft der Jungfrau Victoria kam. Die verliebte sich wieder in einen rein deutschen Märchenprinz, Albert von Sachsen Coburg-Gotha aus dem Hause Wettin. So nannte sich das Königshaus fortan stolz, bis es vor lauter Scham über das Gebaren eines eigenen Enkels, des Deutschen Kaisers Wilhelm II., sich flugs fortan lieber als Haus Windsor bezeichnete. Doch verliebte sich später dann eine blutjunge Königstochter, genannt Elizabeth, wieder in einen deutschstämmigen Prinzen namens Philipp aus dem hessischen Hause Battenberg, angliziert Mountbatten genannt. So viel, extrem gekürzt, zu den Ursprüngen des modernen Britischen Königshauses.

Was die Suche nach einer angemessenen Exil-Immobilie für den Fall einer republikanischen Revolution auf den Inseln angeht, sollte man also nach den Ursprüngen und Möglichkeiten dieser drei großen deutschen Adelshäuser schauen, den Hessen, den Wettinern und den Welfen.

Schloss Heiligenberg in Seeheim-Jugenheim
(Quelle: wikipedia, GNU Lizenz, Urheber: Thomas Pusch)
Beginnen wir mit dem Hause Battenberg. Mehr um eine standesgemäße Unterbringung für einen hessischen Prinzen, den Drittgeborenen Sohn Prinz Alexander von Hessen und bei Rhein und dessen Ehefrau Fürstin Julia von Battenberg, sicherzustellen, wurde das Schloss Heiligenberg bei Seeheim-Jungenheim von diesen etwa ab den 1860er bewohnt. Doch schon 1920 sah sich Prinz Ludwig Alexander von Battenberg, der ab 1917 unter dem Namen Louis Mountbatten firmierte, gezwungen aus finanziellen Schwierigkeiten heraus das Schloss und Anwesen in Heiligenberg zu veräußern. Seitdem wurde das Schloss zwischendurch auch mal als Pädagogisches Jungendheim genutzt. Insgesamt bietet das Anwesen heute weder eine angemessene Bleibe, noch überhaupt eine gescheite Nutzungsmöglichkeit für eine hochadlige Exilantenfamilie. Damit dürfte Hessen also für die weiteren Überlegungen unter den Tisch fallen. Plumps.

Wie steht es aber mit den Hinterlassenschaften des Hauses Wettin, hier insbesondere des ehemaligen Herzogtums Sachsen Coburg-Gotha? Nach dem Ende der Monarchie in Deutschland war dieses Herzogtum ja in zwei Teile zerfallen. Coburg war schon bald nach dem Ersten Weltkrieg freiwillig Teil Bayerns geworden, Gotha verblieb in Thüringen und wurde infolge der deutsch-deutschen Teilung Provinz der Deutschen Demokratischen Republik (DDR).

Schloss Friedenstein in Gotha
(Quelle: wikipedia, CCL, Urheber: Stefan Christian Hoja)
Genauso wie zu Zeiten in der DDR sieht es aber auch heute noch in Gotha aus. Die Straßen kaputt, der Ort schwer resautierungsbedürftig. Kein schöner Anblick insgesamt. Allein das herzögliche Schloss Friedensstein thront über allem und ist auch weitestgehend intakt geblieben. Mit seinen Seitenflügeln deutlich größer als Heiligenberg im hessischen Seeheim-Jungenheim böte es zwar mehr Platz für die zahlreiche königliche Familie. Doch wird es heute als Museum genutzt und der Ort ist wirklich kein schöner Anblick.

Schloss Ehrenburg in Coburg
(Quelle: Thomas Seidel)
Vielleicht doch das mittlerweile bayrische Coburg. Das allerdings ist eine ganz andere Hausnummer. Der in Oberfranken sehr nett gelegene Ort bietet auf kleinstem Raum wirklich herrschaftliche Verhältnisse. An einem großzügig angelegten Platz mit einem feinen klassizistischem Theater liegt das dreiflügelige Schloss Ehrenburg. Ein bisschen macht es den Eindruck eines englischen Elitegymnasiums, aber die Einrahmung ist perfekt. 

Dem Schloss gegenüber liegt auch noch ein Palais Edinburgh, was will man mehr. Der Schlossplatz eignet sich hervorragend für eine TV-wirksamen Aufmarsch der Königsgarde und hoch oben auf dem Hausberg liegt die riesige mittelalterliche Veste, auf die man sich sicher auch mal bei einer Paparaziinvasion retten könnte. Allein der Umstand, dass man jetzt zu Bayern gehört, dessen alte Königsfamilie der Wittelsbacher schon aus katholischen Prinzipien so rein gar nichts mit den Angelsachsen zu tun haben möchte und auch der Umstand, dass die Ehrenburg selbstredend heute als Museum genutzt wird, macht es als königlichen Exiliantenstandort auch so gut wie nicht nutzbar.

Landtheater (links) daneben Palais Edinburgh
(Quelle: Thomas Seidel)
Bleibt also der Blick auf die Möglichkeiten des ursprünglich deutschen Stammhauses der Welfen.
Da trifft es sich doch hervorragend, dass sich dieses ewige klamme aber uralte deutsche Hochadelsgeschlecht gerade in einer üblen innerfamiliären Auseinandersetzung über eine Immobilie befindet, dem Schloss Marienburg. Wirklich alt ist die Marienburg zwar nicht, wurde erst zwischen 1857 und 1867 vom letzten hannoverischen König George V. errichtet. Umso authentischer ist aber der Bezug zur heute lebenden britischen Königsfamilie.
Das Schloss liegt etwas abgelegen südlich von Hannover nahe Hildesheim. Malerisch in seine Umgebung eingefügt, wurde es in einer Art pseudo-mittelalterlich-gotischem Stil errichtet. Mit seinem vielen Querbauten, Erkerchen und Türmchen und sicherlich auch Verliesen für das ein oder andere unbotmäßige Familienmitglied, bietet es für jeden engeren Familienzweig idel abgegrenzte Räumlichkeiten. So kann man gemeinsam residieren und gleichzeitig getrennt wohnen. Zwar gilt das Haus insgesamt als eher renovierungsbedürftig. Auch liegt, wie schon erwähnt, zur Zeit ein bitterer Familienzwist zwischen dem welfischen Prinzen Ernst-August von Hannover (der, der mit Caroline von Monaco verheiratet ist) und seinem gleichnamigen Sohn (der, der mit der Russin Ekaterina Malysheva verheiratet ist) über das Grundstück in der Luft. Aber genau da könnte ein Erwerb durch die fernen Verwandten aus Britannien wie ein Glückslos wirken.

Schloss Marienburg bei Hildesheim
(Quelle: wikipedia, CCL, Urheber: Ralf Claus)


Ein echte win-win-Situation. Elizabeth II, oder einer ihrer Nachfolger, erwirbt das Anwesen und spült somit gutes Geld in die Kasse der klammen Welfen, die es sicher gerne herunter zu schlucken wissen werden. Mit weiteren Mitteln kann eines der reichsten Königshäuser der Welt das Schloss dann angemessen renovieren und dem ebenfalls ewig klammen Land Niedersachsen Millionen an Renovierungskosten ersparen, das dieses dann getrost an anderer Stelle verausgaben wird. Dafür erhält das Haus Mountbatten-Windsor eine sichere Bleibe vor einem möglicherweise künftigen republikanisch englischen Mob und kann sich, wiederum renditeorientiert, als vielleicht einmal ehemalige königliche Familie entsprechend öffentlichkeitswirksam vermarkten. Königliches Merchandising oder so.

Das ist doch ein toller Plan!? Was braucht es also jetzt, zu seiner Verwirklichung? Erst einmal muss ein Typ wie Boris Johnson Großbritannien mit einem knallharten Brexit aus der Europäischen Union treiben. Dann müssen die Schotten endlich einmal den Mut haben, sich seit Edward Longshanks wirklich wieder von der englischen Oberherrschaft zu befreien. Ob des Verlust der schottischen Krone und damit des Vereinigten Königreichs käme es dann vielleicht zu einer republikanischer Revolution, für die noch eine Art Cromwell-Ersatz gesucht werden müsste. Jenes nicht ganz abwegige Szenario in der nahen Zukunft macht es ratsam, schon jetzt die richtigen Immobilien für Hochbetuchte zu suchen.

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