SEPA mit Tücken für den Verbraucher, aber hilfreich in Europa von Thomas Seidel
Im nach hinein ist es kaum zu glauben wie naiv Europas
Politiker den EURO angegangen sind. Da gab es welche die wirklich dachten alle
Euro-Länder würden sich strikt an die vereinbarten Defizitgrenzen halten und
staunten dann nicht schlecht, als es viele Mitgliedstaaten eben nicht taten.
Andere hatten die infantile Vorstellung, wenn eine europäische Zentralbank nur
ihren Sitz in Deutschland hätte, würden sich deutsche Denkweisen und Verfahren,
wie zu Zeiten der mächtigen DM-Hüterin Deutsche Bundesbank, schon von ganz
allein einstellen. Allgemein hatte man tatsächlich gedacht, eine Währungsunion
ohne gemeinsame Fiskalpolitik würde allein für sich funktionieren. Schließlich
stellte man sich auch vor, wenn denn schon eine gemeinsame Währung einmal käme,
würden sich die europäischen Banken schon von alleine zusammenfinden und einen
Weg für einen gemeinsame Zahlungsverkehrsabwicklung finden. Doch es kam alles
anders als man gedacht hat.
Nationale und bürokratische Hindernisse
Mitnichten sah man um das Jahr 2000 in den Banksystemen der
Euroländer auch nur den geringsten Anlass für die gemeinsame Währung auch ein
gemeinsames Zahlungsverkehrssystem zu entwickeln. Zunächst beharrten alle
Banken in allen Ländern auf den jeweiligen nationalen Systemen und
Organisationen und jeder behauptete auch noch von sich, man habe ja ohnehin das
beste Zahlungssystem der Welt. Sollten sich doch die anderen anpassen. Wahr
ist, während viele Länder in Europa für den Zahlungsverkehr das, aus dem 19.
Jahrhundert stammende, Schecksystem bevorzugen, entwickelten sich in anderen
Ländern hoch technisierte vollautomatische Zahlungssysteme. Diese funktionieren
vor allem mittels Überweisungen, Daueraufträgen und Lastschriften. Besonders
das Lastschrifteinzugsverfahren war und ist in weiten Teilen Europas nahezu
unbekannt. Es hat sich seit den 1960er Jahren, vor allem in Deutschland, nicht
nur technisch sonder auch rechtlich zu einem, sowohl für Unternehmen wie auch
Verbraucher, bequemen und sicheren Zahlungssystem in der täglichen Anwendung
entwickelt. Darüber hinaus ist es auch in der modernen
Internet-Kauflandschaft eine echte
Bezahlalternative zur Kreditkartenbelastung.
Freilich waren Politik und Behörden der einzelnen Euroländer
nicht ganz unschuldig an der unbefriedigenden Situation im gemeinsamen
europäischen Zahlungsverkehr. Zwar wuchs die Europäischen Union schon lange und
auch ohne den Euro zu einem gemeinsamen Wirtschaftsraum zusammen. Aber bereits
statistisch gesehen blieben alle Mitgliedsländer immer reines Ausland. So
quälte man jeden Bürger und Unternehmer der einen national
grenzüberschreitenden Wirtschaftsvorgang tätigte, mit quengelnden Fragen nach
Land, Art und Wert der zugrunde liegenden Geschäfte. Die Nichtbeantwortung
dieser Meldung im Aussenwirtschaftsverkehr wurde sogar noch mit deftigen
Strafen bedroht. Auch wurden von politischer Seite keine Mühen unternommen
einen gemeinsamen europäisch rechtlichen Rahmen zu schaffen, um allen
europäischen Teilnehmern am Zahlungsgeschehen die gleichen Bedingungen und den
Verbrauchern den gleichen rechtlichen Schutz im Zahlungsverkehr zu bieten. Also
hatte man seit 1999 den Euro, verhielt sich aber im Geschäftsverkehr
untereinander wie zu alten nationalen Währungszeiten. Für die Banken immer ein
Grund für jede „Auslandszahlung“ auch im Euroraum kräftig von den Kunden
Gebühren einzusammeln.
Lösung wie bei den KFZ-Kennzeichen
Natürlich führte das zu mächtiger Verärgerung in der
Europäischen Kommission und nach einigen vergeblich freiwilligen Anläufen wurde
dann von der Kommission soviel Druck auf die Banken ausgeübt, dass am Ende das
Projekt SEPA entstand. Diese neue, schnell zum Schimpfwort sich entwickelnde,
Abkürzung steht für „Single Euro Payment Area“ zu deutsch „Einheitlicher
Euro-Zahlungsverkehrsraum“. Nach jahrelangem hin und her entstand daraus etwas
typisch europäisches, die Lösung des kleinsten gemeinsamen Nenners. Etwa genau
so wie bei der Vereinheitlichung der europäischen Kraftfahrzeug-Kennzeichen hat
am Ende kein Land sein System aufgeben müssen. Statt wirklich etwas Neues zu
entwickeln, wurde auf die bereits vorhandenen nationalen Zahlungssysteme
lediglich bei den Zentralbanken ein zusätzliches Verrechnungssystem gestülpt.
Ansonsten hat man an die bereits vorhanden Schlüssel für die Zahlungswege, in
Deutschland die bekannten Bankleitzahlen und die individuelle Kontonummer,
einfach zusätzlich eine Länderkennziffer aus zwei Buchstaben und eine
zweistellige sogenannte Prüfziffer geklatscht. Das Monstrum welches aus dieser
Vorgehensweise entstand, ist die IBAN (International Bank Account Number). Im
Deutschen völlig falsch als „Internationale Bankkontonummer“ übersetzt.
Verständlicher wäre es gewesen die IBAN etwa als „Internationalen
Zahlungsleitweg“ zu interpretieren. Wie dem auch sei, ist die IBAN ein moderner
Zahlungsverkehrsschreck für den Verbraucher.
Konnte man sich mit etwas Übung zumeist noch die alten
Bankleitzahlen und Kontonummern sogar im Kopf merken, ist dieses, in
Deutschland 22-stellige Codemonster, für den Anwender einfach nicht mehr
praktikabel handhabbar. Dabei hat man es im Euroraum noch nicht einmal
geschafft hier wenigsten mit der gleichen Länge der IBAN zu arbeiten. Maximal
könnte die IBAN sogar 34 Stellen lang sein. Aber in kleineren Ländern mit historisch
weniger Konten ist die IBAN mal nur 20 Stellen lang, so etwa in Österreich und
Luxemburg, oder gar noch kürzer wie in den Niederlanden mit 18 und in Belgien
mit nur 16 Stellen; oder aber deutlich länger wie in Frankreich und Italien mit
jeweils 27 Stellen.
Falle für den Verbraucher
Doch sind die Länge und die Struktur der IBAN nur an der
Oberfläche des neuen Zahlungssystems ein wirkliches Ärgernis. Die tatsächliche
Gefahr für die Verbraucher liegt tief verborgen im rechtlichen Bereich und wird
durch die Verantwortlichen auch an keiner Stelle kommuniziert. Es geht um die
Folgen einer irrtümlich falsch in einer Zahlung angegebenen IBAN-Nummer. Ein
Fehler der vor allem bei privaten Kunden schnell auftreten kann. Nach
offizieller Verlautbarung dürfte so ein Problem gar nicht erst entstehen, den
die Funktion der, in der IBAN eingebauten, Prüfziffer schließe ein Falschangabe
schon bei der Erfassung der Nummer zuverlässig aus. Das ist zwar grundsätzlich
richtig, gilt aber nur solange, wie es sich bei einem Zahlendreher etwa um eine
Nummernkonstellation handelt, die tatsächlich von der Prüfziffer als nicht
korrekt erkannt werden kann. Wenn aber zufälligerweise eine für den
Zahlungsempfänger falsche aber ansonsten sehr wohl korrekte und existierende
Kontonummer erfasst wird, kann die Prüfziffer der IBAN das nicht erkennen. Die
Zahlung marschiert zunächst einmal vollautomatisch los und kommt dann bei
irgend einem Empfänger an. An dieser Stelle greift die Tücke in die Lücke!
Weitestgehend unbekannt ist den Verbrauchern, dass in
solchen Fällen die Bank des Zahlungsempfängers keinerlei Sorgfaltspflichten
mehr hat, die Übereinstimmung der Kontonummer des Empfängers und des in der
Zahlung genannten Begünstigten vor jeder Kontogutschrift zu überprüfen. Diese,
über viele Jahrzehnte geltende, Pflicht der Banken hat der deutsche Gesetzgeber
schon vor Jahren zu ungunsten der Verbraucher still abgeschafft. Heute kann man
im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) im Paragraphen 675 r Absatz 1 die Ausführung
über einen Zahlungsvorgang nachlesen. Dort steht sinngemäß, dass eine Zahlung
nur anhand der Kundenkennung, das ist jetzt allein die IBAN, und eben nicht
mehr dem Abgleich zwischen Kundenkennung und Kundenamen, ordnungsgemäß
ausgeführt werden kann. Voraussetzung ist, dass nur die Kundenkennung als
solche richtig sein muss. Das bedeutet, sie muss ein existierendes Konto sein,
ohne nochmals die Frage zu stellen, wem das Empfängerkonto überhaupt gehört.
Eine Herausgabeverpflichtung irrtümlich falsch gezahlten Geldes besteht für die
Bank im weiteren nur dann, wenn ein Fehler für sie offensichtlich war. Ist ein
Geldbetrag aber erst einmal einem falschen Zahlungsempfänger gutgeschrieben
worden, bleibt dem zahlenden Auftraggeber nur der komplizierte zivilrechtliche
Weg sein Geld wieder zurück zu fordern. Liegt zwischen dem Zeitpunkt der
Fehlgutschrift und dem Erkennen der Fehlzahlung gar noch ein Kontoabschluss bei
der Empfängerbank, wird dieser zivilrechtliche Weg noch mehr erschwert. Dann
ist nämlich, nach einer Frist, der Kontosaldo des Zahlungsempfängers in dessen
Eigentum übergegangen. Das bedeutet, dass die Bank des Zahlungsempfängers ohne
dessen Erlaubnis das Geld nicht einfach wieder von seinem Konto abbuchen kann.
Der schlimmste Fall tritt aber ein, wenn eine Zahlung den eigenen nationalen
Rechtsraum verlassen hat. Dann wird jeder Versuch sein Geld im Ausland wieder
zu bekommen eine Angelegenheit des dort gültigen lokalen Rechts und das könnte
für den Normalverbraucher schnell ein aussichtsloses Unterfangen werden.
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