Die Zukunft von Europas Finanzarchitektur -Ein Vortrag von Dr. Wolfgang Schäuble- von Thomas Seidel

An der Frankfurter Goethe-Universität trug kürzlich unter diesem Titel  der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble in einem großen Bogen die Gestaltungsmöglichkeiten eines europäischen Rahmens für die Finanzbranche vor.

Campus der Frankfurter Goethe-Universität
(Quelle: Thomas Seidel)
Grundsätzlich könne Regulierung Unbekanntes nicht vorwegnehmen, man eile als Gesetzgeber der Entwicklung immer hinterher. Schäuble sieht das im Sinne der demokratischen Freiheit aber nicht negativ, sondern betrachtet es als sogar zwingend notwendig. Man kann das so verstehen, dass in einer demokratischen Gesellschaft nicht nur die Freiheit des Denkens und der Rede, sondern auch die des Handels, von strafrechtlich relevanten Handlungen natürlich abgesehen, nicht von vornherein eingeschränkt werden sollte. Auf die Wirtschaft übertragen macht das natürlich erst eine fruchtbare innovative Entwicklung möglich.

Erst mal ein Schluck - Dr.Wolfgang Schäuble bei seinem Vortrag
(Quelle: Thomas Seidel)
Innovativ freilich sind laut Schäuble allerlei Berater, besonders darin in allen Regularien selbst kleinste Haarrisse und Lücken zu finden und diese dann auch konsequent zu nutzen. Was uns Schäuble dabei aber verschweigt, ist die Frage nach der Qualität aktueller Gesetzgebung. Natürlich werden länderübergreifende Regelungen durch die Vielfalt lokaler Interessen nicht einfacher zu finden sein und man wird interessenausgleichende Balancen finden müssen. Dennoch muss auch ein Gesetzgeber sich die Frage gefallen lassen, wie es heute sein kann, dass immer öfter so fehlerhafte Gesetze in Kraft gesetzt werden, dass sie schon nach wenigen Monaten dringend einer Novelle bedürfen. Immerhin erinnert Schäuble an Karl Popper und dessen optimistische Erkenntnis, wonach die freiheitliche Ordnung ihre Fehler korrigieren kann. Eine Eigenschaft, die der Tyrannei in welcher Form auch immer sicher abgeht und deswegen nur allzu oft zu deren gewaltsamen Ende führt.

Schäuble merkt an, man könne die Dreiheit von globalisierten Märkten, Demokratie und nationalen Interessen letztlich nicht in vollkommenen Einklang bringen. Dennoch sei es gerade das europäische Projekt, das dies noch am ehesten wenigstens versuche. Schäuble selbst sieht sich als Optimist, vielleicht zwingt er sich dazu, jedenfalls müsse er morgens optimistisch aufwachen, sonst habe die politische Arbeit für ihn wohl keine Sinn.

Wie kam die EZB zu ihrem Inflationsziel? Der Otmar war's.
Prof. Dr. Otmar Issing war Gastgeber von Schäuble
(Quelle: Thomas Seidel)
In Europa selbst hat sich die Zusammenarbeit nicht vereinfacht. An eine Reform der Lissabonner Verträge sei nicht zu denken. Der Prozess zur Einführung eines Trennbankensystems läge beispielsweise brach, weil immer noch ein großer Gegensatz bei den Vorstellungen zwischen der EU-Kommission und dem EU-Parlament bestünde. Deswegen nutzten Europas Regierungen in der Praxis das Instrument der Verordnungen, auch um das komplizierte und langwierige europäischen Gesetzgebungsverfahren zu umgehen. Durch die Regulierung wird versucht, Schritt für Schritt zu einer Harmonisierung bei der Anwendung von Regeln zu kommen.

Der inzwischen eingerichtete gemeinsame Abwicklungsfonds hat seine Arbeit aufgenommen, startet aber zunächst einmal gemächlich. Es würde dauern, bis der Fonds seine volle Mittelausstattung erreiche. Was eine gemeinsame Einlagensicherung angeht, wäre es notwendig auch Staatsanleihen als risikobehaftet zu betrachten und zunächst die europäischen Bankbilanzen von einigen Risiken zu bereinigen.


Die Schwäche der Europäischen Union sei allgemein die fehlende Fähigkeit zur konsequenten Implementierung der gemeinsam beschlossenen Regeln. Das sind die Hausaufgaben für die einzelnen Nationalstaaten. Doch dieser Vorwurf trifft letztlich auf alle europäischen Länder zu.

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