Vermögen wird das, was man riskiert -Bericht von 38. Hauck & Aufhäuser Vermögensverwalter-Veranstaltung- von Thomas Seidel

38. Hauck & Aufhäuser Vermögensverwalter-Veranstaltung
Frankfurt am Main Mariotte Hotel
(Quelle: Thomas Seidel)

In Abwandlung zu der schwäbischen Weisheit „Vermögen ist das, was man spart“, wird es zur Vermögensbildung durch Sparen allein künftig nicht mehr reichen. Massiv sind die Veränderungen, die die Menschen in ihrem Verhalten durchmachen und auf die sich die Vermögensverwaltung einstellen muss. Die allgemeinen Renditeerwartungen der Kunden sind zu hoch. Ein „Mehr“ lässt sich nur durch höhere Risiken erreichen. Das Thema IT-Sicherheit wird zu einer geld- und zeitbelastenden Zusatzherausforderung, auch für jeden Vermögensverwalter.


Die aktuelle Veranstaltung, diesmal im Frankfurter Marriott Hotel, lief unter dem Titel „Vision 2030-Vermögensentwicklung und Herausforderungen einer digitalen Welt“. Darüber zu sprechen erscheint dringend nötig. In seinem Grußwort machte Michael Bentlage, Sprecher und persönlich haftender Gesellschafter von Hauck & Aufhäuser Privatbankiers KGaA, deutlich, 61 Prozent der deutschen Unternehmer fühlten sich von Digitalisierung als Getriebene.

Durch die Veranstaltung führte Katja Dufel, n-tv
(Quelle: Thomas Seidel)
Skizzen einer neuen Gesellschaft
Welche Auswirkungen das auf den Umgang mit Vermögen hat, erklärte anschließend Prof. Dr. Thomas Druyen von der Siegmund Freud Privatuniversität in Wien. So wie sich die Persönlichkeiten der Vermögenden änderten, so würde sich auch der Umgang mit dem Vermögen fundamental ändern. Überhaupt gingen mit der zunehmenden Digitalisierung enorme Veränderungen in der Gesellschaft einher. So hätten erstmals in der Menschheitsgeschichte vier- bis siebenjährige Kinder in bestimmten Dingen ihren eigenen Eltern einen Kompetenzvorsprung voraus. Heute seien Vermögende nicht mehr fast zwangsläufig ältere Menschen. Vielmehr kämen immer mehr sehr junge und innovative Menschen dazu. Tradierte Koryphäen der Autorität, etwa wie Priester oder Ärzte, erleiden massive Reputationsverluste. Die Erfahrungen des Verzichts, der Demut und der Mitmenschlichkeit gehe mit der aussterbenden Kriegsgeneration verloren. Statt dessen müsse die heutige Bevölkerung von ihren Depressionen und dem Neid befreit werden. Menschen würden sich durch ihre eigene Programmierung vor sich selbst hertreiben. Die Menschen müssten einer Präventionsfähigkeit entwickeln.

Das Entstehen der Digitalisierung zwinge inzwischen jeden dazu, sich anzupassen. Doch der geistige Aufwand für den Einzelnen, Änderungen im Leben und an den eigenen Gewohnheiten vorzunehmen, sei enorm. Trotz der allgemeinen Informationsflut wüssten wir nicht mehr. Statt dessen würden wir immer weniger durchblicken. Aktuell gäbe es zwar eine gute Ausgangslage bei Vermögen und Versorgung, aber die Zukunftsangst wachse paradoxerweise. Das alles führe in der Gesellschaft und auch bei den Vermögenden zu Irritationen und Unsicherheiten.

Prof. Dr. Thomas Druyen
Erklärt einen fundamentalen gesellschaftlichen Wandel
(Quelle: Thomas Seidel)
Die Vermögensverwaltung habe es mit zwei Prozent der Bevölkerung zu tun, die aber sechzig Prozent der Vermögen halten. Die Anzahl der Milliardäre würde tendenziell immer mehr. Doch gerade diese Klientel würde noch am ehesten zu persönlicher Beratung neigen. So würden Kunden von einem Vermögensverwalter in erster Linie Charakter und erst dann Kompetenz erwarten. Vermögensverwalter täten gut daran, die Vermögenden in ihrem Lebensumfeld zu untersuchen. Fragen der Kunden an ihre Vermögensverwalter gingen immer mehr in Richtung Informationstechnologie. Der Gedanke von Nachhaltigkeit trete erstaunlicherweise bei den Vermögenden eher in den Hintergrund. Die meisten Vermögensverwalter-Geschäfte seien angstgetrieben, so jedenfalls zitiert Druyen den bekannten Volkswirt Prof. Dr. Werner Sinn. Für etwas Neues brauche es vor allem Phantasie, die Fähigkeit über den eigenen Tellerrand hinaus zu gucken.

Ohne Risiken keine auskömmlichen Renditen
Völlig nüchtern ging Reinhard Pfingsten, Chief Investment Officer von Hauck & Aufhäuser, dagegen seinen Part, unter dem Titel „Trends in der Vermögensanlage“, an. Was bei Renditen im heutigen Nullzins- oder gar Negativzinsumfeld möglich sei, zählt Pfingsten so auf: 4 Prozent bei High Yield Bonds; etwas über 2 Prozent bei Triple-A-Anleihen und etwa um die 2 Prozent aus Aktiendividenden. Dort seien die Ausschüttungsquoten zwar relativ hoch. Jedoch würde die Thesaurierung nicht wieder im Unternehmen investiert. Die Gründe für diese Zurückhaltung seien: Risikoscheu, Wachstumsskeptizismus und eine fehlende Boom-Erwartung. In Deutschland werden 80 Prozent der Investitionen bankfinanziert. Die Banken aber gäben immer noch zu wenig Kredite. Dennoch wachse Deutschland weiter, aktuell mit 1, 7 Prozent und es herrsche in der €uro-Zone ein Aufwärtsdruck.

Reinhard Pfingsten
Mahnt auch den Blick über den Tellerrand an
(Ouelle: Thomas Seidel)
Es gäbe dagegen langfristig wirkende Wachstumsdämpfer: Die allgemeine demographische Entwicklung, der nur durch eine dramatische Steigerung der Lebensarbeitszeit begegnet werden könne. Eine Inflation fände zur Zeit nur durch Rohstoffpreise statt. Die Staatsverschuldungen seien zu hoch. Europa habe die beste Kapazitätsauslastung, vielmehr gehe gar nicht.

Die langfristigen Renditeerwartungen für zehn Jahre sieht Pfingsten bei den Aktien in den USA real um die drei Prozent und in Europa real bei 5 Prozent. Ein gewaltiges Loch klafft zwischen den Erwartungshaltungen der Anleger bei etwa sieben Prozent und der Realität bei eher vier Prozent.

Als alternative Anlagemöglichkeiten kämen Immobilien und Infrastrukturprojekte in Frage. Das aber seien keine Anlageformen für Privatanleger, sondern für Institutionelle Kunden. Pfingsten sprach auch über den Einstieg in das Angebot mit digitalen Portfolien. Hauck & Aufhäuser habe hier eine Zusammenarbeit mit easyfolio begonnen. Diese seien vergleichsweise einfach, kostengünstig und transparent.

Pfingsten zeigte sich überzeugt davon, dass in Zukunft Eurobonds kommen würde. Diese Anmerkung brachte Bewegung in das Publikum. Da war die Rede von einem wirtschaftlichen erfolgreichen Teil in Europa einerseits und von „Olivenländern“ andererseits. Ein allgemeiner Unmut war deutlich zu spüren. Der Begriff „Eurobonds“ ist allgemein wohl mit der Vorstellung verbunden, wirtschaftlich erfolgreichere Länder in der Europäischen Union sollten weniger erfolgreichen unter die Arme greifen. Allein dieses Bild bringt wohl bereits negative Assoziationen mit sich.

Ein Teilnehmer in der Pause
So groß scheint die Scheu vor dem Digitalen nicht zu sein
(Quelle: Thomas Seidel)
Digitale Welt mit digitaler Unsicherheit
In einem abschließenden Vortrag sprach Hans-Peter Fischer, Partner im Security Consulting bei der KPMG AG, über „Cyber-Security – zu den Herausforderungen einer digitalen Finanzwelt“. Fischer begann mit Begriffserklärungen. Unter dem „deep-net“ verstehe man alles, was für eine Suche mittels Google nicht erreichbar sei. In dieser einfachen Definition steckt ein Maßstab. Die Möglichkeiten keiner anderen Suchmaschine werden zur Abgrenzungsdefinition heran gezogen. Das macht in bemerkenswerter Weise deutlich, welche Machtposition sich Google tatsächlich schon erobert hat. Das heute allgemein schon als „böse“ charakterisierte „dark-net“ sei wiederum ein spezieller Teil des deep-net. Doch sei das dark-net ursprünglich sogar mit einer positiven Intention entstanden. Es sei darum gegangen, Menschen Zugang zum Internet zu verschaffen, die unter restriktiven Staatsmaßnahmen zu leiden hätten. Leider würde das dark-net jedoch auch für allerlei kriminelle oder gar terroristische Aktivitäten missbraucht. Technisch gelange man in das dark-net nur mit Hilfe eines speziellen Internetprotokolls, dem weithin bereits bekannten Torbrowser. Der Schutz der Anonymität im dark-net würde gewährleistet, indem Verbindungen nicht über öffentliche Server geleitet würden, sondern direkt von bestimmten Rechner und Servern zu einander. Grundsätzlich malte auch Fischer ein düsteres Bild über die Schutz- und Abwehrmöglichkeiten gegen Angriffe aus dem Internet. Er hinterläßt den Eindruck, der Dumme wird am Ende immer der unbedarfte Nutzer sein. Gerade das aber kann sich künftig auch der kleinste Unternehmer nicht mehr leisten. Die Qualität der eigenen originären Leistung wird immer mehr auch an der reibungslosen Zuverlässigkeit der benutzten IT-Komponenten gemessen werden. Alle tun gut daran, IT nicht als lästige Nebentätigkeit zu begreifen, sondern als ein Arbeitswerkzeug auf dessen Qualität und Funktionalität geachtet werden muss.

Hans-Peter Fischer
Sieht in der allgemeinen digitalen Verunsicherung
natürlich auch eine Chance für sein Geschäft
(Quelle: Thomas Seidel)



Die Herausforderungen für das Geschäft der Vermögensverwaltung in einer Vision bis 2030 sind vielfältig. Allein mit der Einschätzung von Investitionsmöglichkeiten wird es nicht mehr getan sein. Um die Kundschaft künftig überhaupt erfolgreich ansprechen zu können, ist eine immer tiefere Kenntnis von deren Lebensart, Einstellung und Erwartungshaltung zu allen Dingen notwendig. Rentierliche Investitionsmöglichkeiten aufzutun, wird gleichfalls auch noch anspruchsvoller. Es bedeutet, selbst aus den gewohnten Denkschemata auszuscheren und neue Möglichkeiten zu entdecken. Zuletzt wird man gezwungen sein, sich mit dem völlig fachfremden Thema der Digitalisierung auseinander zu setzen. Auf allen drei Hochzeiten gleichzeitig erfolgreich zu tanzen, wird bisher ungewohnte Mühen, Zeit und Geld kosten.

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