Ohne Datenqualität ist jede Analyse sinnlos -Bericht vom 1. Frankfurt Summit on Network Analysis- von Thomas Seidel
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Noch ist Netzwerken vor allem direkter menschlicher Kontakt (Quelle: www.uhlenbruch.com) |
Daten schwirren in unvorstellbaren
Mengen in unserer Welt herum. Doch allein die schiere Menge nützt
gar nichts, wenn man nicht in der Lage ist, sie sinnvoll zu
analysieren. Eine realistische Datenanalyse setzt zwei Dinge voraus:
1. Der Analyst stellt die richtigen Fragen und 2. Die Qualität der
Daten ist einwandfrei und aktuell. Wie weit man damit in der
Finanzindustrie gekommen ist, wurde auf dem 1. Frankfurt Summit on
Network Analysis dieser Tage an der Frankfurter #Goethe-Universität
diskutiert.
Die Veranstaltung war in mehrere
Diskussionsrunden aufgeteilt. Zunächst beschäftige man sich mit den
Grundlagen und der Anwendung von #Netzwerkanalysen. Dann wurde
darüber gesprochen, welche Technologien zur Zeit vorhanden sind und
wie diese bereits behilflich sein könnten. Schließlich ging es um
die Anwendungen im #Risikomanagement, sowie im Bereich #Asset &
Wealthmanagement.
Die Analyse von sozialen Netzwerken
stehe ganz am Anfang. Es gäbe bis heute kein wirklich relevantes
System, in dem eine ausreichende Menge von Daten vorhanden sei, die
für eine ausreichend gute Analyse taugen würde. Verdeutlicht wird
das an Nachrichtenagenturen wie Bloomberg und Reuters. Trotz aller
Datenfülle bilden diese beiden Agenturen kaum mehr als zwei Prozent
sozial verfügbarer Daten aus dem Wirtschafts- und Finanzbereich ab.
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Auch ein Ex-US-Militär plauderte fröhlich über das Analysegeschäft (Quelle: www.uhlenbruch.com) |
Es gäbe bis jetzt keine allgemeinen
Anwendungen im Finanzsektor, die von #“Künstlicher Intelligenz
(KI)“ getrieben sei. Wichtiger wären nach wie vor persönliche
Netzwerke, wie etwa bei Geschäften im Bereich von #Mergers &
Aquisition. Hier kämen unter Umständen Geschäfte überhaupt nur
zustande, weil sich die Unternehmenslenker von verschiedenen
Gelegenheiten her persönlich kennen. Am Beispiel von #Telefonica
wurde das enge soziale Netzwerk zwischen dem CEO der Gesellschaft und
den sogenannten unabhängigen Direktoren dieser Firma untersucht.
Heraus kam, dass über vierzig Prozent der unabhängigen Direktoren
irgendwie mit dem CEO von Telefonica sozial vernetzt sind.
Man glaubt nicht, dass innerhalb der
nächsten 25 Jahre eine Künstliche Intelligenz existiert, die alle
möglichen Angelegenheiten eigenständig regeln würde. Man weist die
viel beschworene Angst vor einer Herrschaft der KI zurück. Statt
dessen wurde heraus gearbeitet, welche unmittelbaren Vorteile aus der
KI gezogen werden können, so z.B. im Bereich der Medizin. Dort
könnten durch KI-Anwendungen völlig neue Entscheidungsgrundlagen
für behandelnde Ärzte entwickelt werden.
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Fragen aus dem Publikum waren herzlich willkommen (Quelle: www.uhlenbruch.com) |
Man versuche zu verstehen, welchen
Einfluss soziale Netzwerke auf das Verhalten von Individuen haben.
Dabei zeigt man sich von den Ergebnissen überrascht. So wird
festgestellt, dass etwa die hierarchische Position eines Individuums
innerhalb eines sozialen Netzwerks eine entscheidende Rolle spielen
kann.
(Anm. des Verfassers: Na so was?
Solche Erkenntnisaussagen überraschen dann doch. Als ob diese
Tatsache etwas völlig Neues wäre. Historisch sind all diese
Erkenntnisse bereits seit langem vorhanden, nachvollziehbar und über
Jahrhunderte sehr gut dokumentiert. Statt sich über die
Schwierigkeiten zu beklagen, aktuelle Daten zu erheben, sei dem ein
oder anderen Forscher empfohlen, sich mal wieder guten alten Büchern
als Quellmaterial zu zuwenden.)
Das Sammeln von Daten aus sozialen
Netzwerken bedingt eine absolute und aktuelle Qualität. Die
#Datenqualität sei die unbedingte Voraussetzung für jeden weiteren
Erkenntnisgewinn. Ansonsten mache eine Analyse keinen Sinn, da sie
auf Daten basieren würde, die nicht mehr zu relevanten Ergebnissen
führen können. Genau an dieser Stelle werden die Prozesse
allerdings aufwendig. Eine aktuelle Datenqualität vorausgesetzt,
wird dann immer mehr eine graphische Darstellung der analysierten
Daten zu Zwecken der Interpretation heran gezogen. Der Vorteil dieser
Vorgehensweise wäre, dass Ergebnisse schnell nachvollziehbar seien
und je nach Fragestellung unterschiedlich dargestellt werden könnten.
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Die Nilgans am Veranstaltungsort war nicht am Netzwerken interessiert und stolzierte lieber allein herum (Quelle: Thomas Seidel) |
Bei all der angestrebten Datensammelwut
können rechtliche und kulturelle Verständnisunterschiede im Umgang
mit Daten nicht aussen vor bleiben. Erwartungsgemäß reagierten die
angelsächsischen Panelisten auf den deutschen Einwurf der „Privacy“
an persönlichen Daten entsprechend verständnislos. Ganz so, als
hätte man nie etwas von Datenschutz gehört. Probleme mit dem
#Streetview bei Google, nur in Deutschland! Rechtsanspruch auf
#Datenlöschung, nur in Deutschland! #Rasterfahndung nur bei
richterlicher Anordnung, nur in Deutschland! Es zeichnet sich also
ab, dass bestimmte Kulturbereiche in Sachen Datenanalyse künftig
solchen voraus sein werden, die traditionell ein ausgesprochenes
Datenschutz-Regime betreiben.
Insgesamt war diese erste Veranstaltung
ihrer Art sicherlich informativ. Sie hatte aber über weite Stellen
hin den Eindruck einer Verkaufsveranstaltung. Es waren überwiegend
Firmenvertreter unter den Panelisten. Der forschende akademische
Anteil von Sprechern erschien hier nicht nur unterrepräsentiert,
teilweise auch nicht aktuell informiert. Als Veranstalter zeichneten
das Center for Financial Studies #CFS und der Verlag #Uhlenbruch aus
Bad Soden gemeinsam verantwortlich. Das CFS oder die Universität
Frankfurt könnten sich künftig sicher stärker mit eigenen
Forschungsbeiträgen in dieses Themen einbringen. Dann sollte
allerdings auch aktuell dazu geforscht werden.
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