Altersvorsorge im Niedrigzinsumfeld. Eine Alternative von -myPension- von Thomas Seidel

Im Frankfurter Hochhaus Pollux (r.) entstehen innovative Ideen
(Quelle: wikipedia, CCL, Urheber: Epizentrum)



Sinkende Staatsrenten, brüchige betriebliche Altersvorsorge, schlecht rentierliche Kapitalversicherungen im Niedrigzinsumfeld prägen heute die Altersvorsorge. Prekäre Arbeitsverhältnisse selbst für Akademiker, hohe Kosten für den eigenen Nachwuchs und die Alterspflege der eigenen Eltern ist zunehmend die Lebenssituation der jungen Menschen. Eigentlich müßten die jungen Generationen enorme Sparleistungen für sich selbst erbringen. Leider bleibt ihnen aber dafür entweder nichts von ihrem Nettoeinkommen übrig, oder sie pfeifen gleich ganz auf jegliche private Altersvorsorge. Während die etablierten Kapitalversicherer und Fondsgesellschaften arrogant auf die Umwälzung weiterhin hoher Vertriebskosten beharren, versucht der Newcomer -mypension- mit knallharten Kosteneinsparungen und neuen Anlagefeldern die persönliche Altersvorsorge wieder attraktiv und bezahlbar zu machen.

Drei Entwicklungen haben in der zurückliegenden Zeit der klassischen, noch aus dem 19. Jahrhundert stammenden, Altersversorgung (Rente) den Garaus gemacht.

  1. Die nicht aufhaltbare, natürliche demographische Entwicklung. Dank Fortschritten im Gesundheitswesen, einer teilweise besseren Ernährung (nicht qualitativ aber quantitaiv), dem Ausbleiben von Seuchen und Kriegen (zumindest in Teilen der Welt) werden die Menschen immer älter. Damit wächst gleichzeitig die Dauer der Ansprüche auf Altersbezüge um ein Mehrfaches.
  2. Das totale politische Versagen in Sachen Altersbezüge. Die Zwänge der demographischen Entwicklung lagen bereits Anfang der 1980er Jahre klar zutage. Doch statt konsequent damit zu beginnen, das Renteneintrittsalter nach hinter zu schieben, hat man sich von den Forderungen der Gewerkschaften nach sinnloser Lebensarbeitszeitverkürzung blenden lassen, um einer angeblich schleichenden Arbeitslosigkeit entgegen zu treten. Statt die betriebliche Altersvorsorge zu flexibilisieren und jedem Arbeitnehmer ein persönliches Konto einzurichten, welches man bei jedem Arbeitsgeberwechsel hätte mitnehmen können, wurden den Arbeitgebern unbezahlbare Garantieforderungen aufgebürdet. Statt alle Sparleistungen für eine persönliche Altersvorsorge konsequent abgabenfrei zu stellen, sind die Ablaufleistungen heute nicht nur von der Versteuerung, sondern schlimmer noch, von erheblichen Sozialabgaben vor allem für die Krankenversicherung belastet.
  3. Die enormen Verschuldungen der Staaten haben seit Jahrzehnten einen Wohlstand vorgespiegelt, der wirtschaftlich gar nicht existierte. Das kreditfinanzierte Saus- und Brausleben von nur einer einzigen Generation hat dermaßen hohe Defizite in den Staatshaushalten hinterlassen, dass es beinahe zwangsläufig zu einer Staatsschuldenkrise kommen musste. In deren Folge haben die Zentralbanken heute das Geld so verbilligt, dass wir auf Jahre hinaus in einer Niedrigzinsphase verbleiben werden. Die Rechnung zahlen also die Sparer heutiger und künftiger Generationen.

Das hat zu einem kontraproduktiven, bisweilen absurden Verhalten der Sparer geführt. Inzwischen bezweifeln die Hälfte der Sparer den Sinn der privaten Altersvorsorge. Ein Drittel spart fürs Alter gar nicht. Doch vernünftige Altersbezüge sollten bei etwa 85 Prozent des letzten Nettoeinkommens liegen. Während die Kapitalversicherer noch in den 1950er Jahren mit einer laufenden Verzinsung von sieben Prozent gerechnet haben, kommen sie heute gerade mal auf nur 2,5 Prozent. Wollte man also das alte Versorgungsniveau aufrecht erhalten, müsste man heute den dreifachen Beitrag dafür aufwenden. Vor dem Hintergrund der modernen prekären Arbeitsverhältnisse, wo selbst akademisch gut ausgebildete Leute sich nur noch von einem Zeitvertrag zum nächsten hangeln müssen und wie Schauspieler nicht mehr sicher sein können, in absehbarer Zeit wieder ein Engagement zu bekommen, sind solche Sparleistungen illusorisch. Wollen klassische Kapitalversicherer Verträge mit einer garantierten Ablaufleistung anbieten, müssen sie heute 46 Prozent der Erträge für die Garantien aufbringen. Entsprechen gering fallen dann ihre Ablaufleistungen aus.

Frank Nobis GF Institut für Vorsorge und Finanzplanung
(Quelle: Thomas Seidel)
Doch läßt sich die notwendige Sparrate für die private Altersvorsorge um 40 Prozent reduzieren, wenn es beispielsweise in einem Zeitraum von 32 Jahren gelingt, die Rendite von 3 auf 6 Prozent zu hebeln. Um das zu erreichen sind aber neue Anlageformen notwendig. Ohnehin erzielt man die beste Altersvorsorge durch eine Beteiligung am Produktivkapital und nicht in die scheinbar risikolose Anlage von Staatsanleihen. Das geht nicht ohne das Sparkapital in Aktien zu investieren. Gerade in Deutschland aber löst die Erwähnung von Aktien sofort heftige Ablehnung aus. Woran liegt das? Zum einen sicherlich darin, dass die breite Bevölkerung in Finanzdingen schlicht nicht angemessen aufgeklärt ist. Zum anderen an einem weit verbreiteten Unwillen, sich überhaupt selbst mit den eigenen Finanzen zu befassen. In einer Gesellschaft, in der die Menschen vermeintliche staatliche Bemutterung in allen Lebenslagen gewohnt sind und automatische Zahlungen und Lastschrifteinzugsverfahren dazu in Geldsachen das Leben einfach machen, wo selbst schon Tote mangels sozialer Kontrolle noch monatelang auf dem Papier weiterleben, ist die Angst vor jedwedem materiellen Risiko besonders hoch ausgeprägt. Darüber hinaus hat der Staat die Unverschämtheit, bei Ablauf von Sparverträgen in jedweder Form deren sofortige Abwicklung zu erzwingen und auf die Auszahlungsbeträge utopische Steuer- und Sozialabgaben zu verlangen. Heute frisst allein die Krankenversicherung bis zur Hälfte aller Ersparnisse wieder auf, was den meisten Bürgern überhaupt nicht bekannt ist.

Doch müssen Ersparnisse in Aktien nicht notwendigerweise übermäßig riskant sein. Jedem muss klar sein, nur eine Beteiligung am Produktivvermögen erhält auf die Dauer die ursprüngliche Kaufkraft des gesparten Geldes. Es ist belegt, dass bei Aktienanlagen mit einer Dauer ab 20 Jahren und mehr das Verlustrisiko gegen Null schwindet. Auch kommt es bei der Anlage darauf an, möglichst breit, das heißt heute, global zu investieren. Schließlich müssen moderne Sparverträge sehr flexibel gestaltet werden. Es müssen Aus- und Sonderzahlungen möglich sein und der Renteneintritt muss anpassungsfähig sein.

Rogier Minderhout Gründer und GF -myPension-
(Quelle: Thomas Seidel)
Ein Start-up-Unternehmen -myPension- bietet jetzt eine Alternative sowohl zu den klassischen Kapitalversicherern, wie auch den Fondsspargesellschaften vor allem der Banken an. Beide belasten bisher die Sparbeiträge mit hohen Kosten, etwa um die zwei Prozent. Während sich die Versicherer nach wie vor Heerscharen sehr gut verdienender aber kapital- schmarozender Versicherungs- berater leisten und die Fondsgesellschaften selbst, sowie die Börsen, aber auch Asset-Manager und Vertriebsleute von heftigen Ausgabeaufschlägen um die fünf Prozent profitieren, konzentriert sich -myPension- auf die Investitioen in ausgabeaufschlagsfreie Exchange Traded Funds (ETF). Das sind börsengehandelte Fonds, die zu sehr günstigen Konditionen erworben werden können. Das führt bei dem Anbieter zu enorm günstigen Kosten um die 0,8 Prozent des Sparkapitals. Das trägt natürlich auch zu einer Erhöhung der Anlagerendite bei. Das Unternehmen, das bislang seine Geldanlagen nur mit der Fondsgesellschaft Vanguard betreibt, hat noch eine überschaubare Kundenzahl im niedrigen vierstelligen Bereich mit einem Anlagevermögen im achtstelligen. Das Konzept allerdings, bietet auch bei kleinen Sparbeiträgen, wenn sie denn nur lange genug betrieben werden, einen ersten Ansatz für sich selbst die dringend benötigte private Altersvorsorge überhaupt zu betreiben.


Jetzt aber ist vor allem der Staat gefragt. Mit vorausschauenden und lang wirkenden Gesetzen muss jegliche Aufwendungen für die private Altersvorsorge vollkommen abgabenfrei gestellt werden. Es ist allerdings zu befürchten, das mit den gerontokratischen Politikern bei allen Parteien in Deutschland und Europa, die üblicherweise nur ihr persönliches Auskommen im Blickfeld haben, solch eine notwendige Politik nicht betrieben wird. Das gilt aber auch für die wählende Bevölkerung. Wem Probleme der Umwelt näher am Herzen liegen, als die dringlichen Fragen der persönlichen Altersversorgung, der muss dann halt im Alter auch mit einer Verarmung rechnen. Ein Berufsstand ist übrigens von all diesen Sorgen vollkommen befreit, sozusagen „sans soucis“, die Beamten. Sie haben in bald siebzig Jahren Bundesrepublik Deutschland dafür gesorgt, dass der Rest der arbeitenden Bevölkerung vor allem zunächst für deren üppige Altersversorgung aufkommen muss.

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