Kein profitables Geschäftsmodell in Sicht - 20. Fachkonferenz Bank der Zukunft von Thomas Seidel
Quelle: Thomas Seidel |
Banken stehen mehr denn je großen Herausforderungen gegenüber. Regulierung ist das eine. Wirksame Geschäftsmodelle zu etablieren ist das andere. Neue Kommunikationsformen ändern die Beziehung zu den Kunden dramatisch. Aber auf die wichtigste Frage gibt es bislang keine befriedigende Antwort. Womit wollen die Banken in Zukunft ihr Geld verdienen?
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Sollen die Alten über die Zukunft entscheiden? Quelle: Thomas Seidel |
Die jährliche Fachkonferenz fand turnusgemäß in den Räumen
der Deutsche Bank Zentrale in Frankfurt am Main statt. Nach den tiefgreifenden
Beschlüssen des Aufsichtsrates der Deutschen Bank am vorhergehenden Wochenende,
erwartete man sich, von dem als Sprecher angekündigten Vorstandsvorsitzenden der
Deutschen Bank John Cryan, natürlich Auskünfte über weitere Details. Allein er
kam nicht. An seiner statt, sprach der Vorstand Karl von Rohr die begrüßenden
Worte an die Versammlung. Die eigentliche Überraschung am Wochenende war ja,
dass man sich entschlossen hat, die Deutsche Postbank nicht nur im Konzern zu
behalten, sondern nunmehr vollständig zu integrieren. Auf die Konsequenzen für
Arbeitnehmer ging von Rohr nicht ein. Man kann sich aber vorstellen, dass eine
vollständige Integration eine Menge von Arbeitsplätzen in der ehemaligen
Postbank kosten wird. Mit immerhin 20 Millionen Kunden allein bei der Postbank,
preist sich die Deutsche Bank als die Nummer Eins im deutschlandweiten
Privatkundengeschäft an. Doch muss man deutlich sagen, das ist dann auch schon
die einzige Disziplin in der die Deutsche Bank sich zur Zeit als Nummer Eins
bezeichnen kann. Schließlich hatte die noch vor wenigen Jahren weltweit als die
Nummer Eins Bank geltende Deutsche Bank, alle anderen Superlativen in ihrer
selbst gemachten Krise verloren.
Karl von Rohr Vorstandsmitglied der Deutschen Bank Quelle: Thomas Seidel |
Die Deutsche Bank, so von Rohr, strebe an, ein
Technologieunternehmen werden zu wollen, welches unter anderem auch
Bankgeschäfte betreibt. Dafür investiere man eine Milliarde Euro in die
Digitalisierung. Man wolle künftig eher anbieten, was die Kunden möchten und
dazu eine entsprechende Datenanalyse betreiben. Die Deutsche Bank suche
Kreativität und die Zusammenarbeit auch mit Fin-Techs. Der Wahlspruch laute:
Die Fin-Techs können Innovation, die Deutsche Bank kann Serie. So wolle man
zusammen mit dem Fin-Tech Figo den Kunden ein Angebot unterbreiten, künftig
auch deren Konten bei Dritten an einer Stelle zu verwalten.
In einem ersten Themenblock ging es dann, um die Zukunft des
Zahlungsverkehrs. Die Diskutanten zeichneten ein Zukunftsbild, wonach künftig
alle Transaktionskanäle des Zahlungsverkehrs in mobilen Endgeräten enden
sollen, mit dem gleichen Interface für alle Kunden. Das klingt kühn, allein nur
für Deutschland. Wo doch die drei Säulen der deutschen Bankwirtschaft:
Privatbanken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken, eifersüchtig über ihre
originäre Auftrittshoheit in der digitalen Welt wachen. Ganz zu schweigen von
der Selbstdarstellung anderer Banken, etwa im Euroraum. Der Kunde kann sich gar
nicht vorstellen, wie viele Mauern dafür geschliffen werden müssten. Das gilt
bei großen Kreditinstituten selbst für die Darstellung der einzelnen
Geschäftssparten, die nach wie vor alle ihre Kundendaten in ihrem eigenen Silo
hausintern abschirmen.
Überhaupt wird von den Technologen der Branche der enorme
Kundendatenbestand einer Bank gerne als das neue Gold bezeichnet, welches sich
durch geschickte Datenanalyse angeblich bestens versilbern lassen könnte. Da
hat der Technologe sich seine schöne neue Welt wohl ohne die internen Barrieren
der Fachbereiche gemacht. Kundenstammdaten und Geschäftsdaten werden heute nach
wie vor redundant vielfach immer wieder neu erfasst und an keiner Stelle
zentral verwaltet. Da gibt es auch rechtliche Probleme und die Hürde eines in
Deutschland, vor allem beim Geld sehr ausgeprägten, Datenschutzbewusstseins der
Kunden. Wer ansonsten im Internet alle möglichen privaten Dinge teilweise
hemmungslos der Welt preisgibt, ist ganz anders bei seinen Geldangelegenheiten
sehr zugeknöpft. In Deutschland leben wir in einer Gesellschaft, in der ein
Großteil von Eheleuten weder Kenntnis vom Einkommen, noch von der
Kontosituation des Ehepartners hat. Allein Frank Behrends, Vorstandsmitglied
der BHF-Bank, warnte vor einem Vertrauensbruch im Kundenverhältnis, sollte sich
eine Bank entschließen, vertrauliche Kundendaten zu Profitzwecken zu
kommerzialisieren.
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Über welche Zukunft hier gesprochen wird? Quelle Thomas Seidel |
Heute im wettbewerblichen Vorteil sei, wer einen Kunden
identifizieren könne. Eine Disziplin, die Banken seit eh und je beherrschen
müssen. Das sind Vorstellungen, die auch in der sogenannten
Blockchain-Technologie eine wichtige Rolle spielen. Selbst wenn der Gesetzgeber
sich bemüht, digitale Identifizierungen im Allgemeinen anzuerkennen, die Hürden
liegen in einer schier unübersehbaren Anzahl einzelner Vorschriften, die auch
bei Behörden, für jeden noch so kleinen Akt, nach wie vor eine eigenständige,
analoge Identifizierung in herkömmlicher Weise verlangt. Bis sich dieser Wust
von Einzelvorschriften gelichtet hat, werden noch Jahrzehnte vergehen.
Bei der Bank der Zukunft ist immer wieder die Rede von dem
sogenannten Instant-Payment, welches angeblich stark vom Handel und sogar den
Behörden nachgefragt würde. Das soll man sich als „Point-to-Point“-
Zahlungsvorgang vorstellen. Es ginge also direkt vom Konto des
Zahlungs-pflichtigen auf das Konto des Zahlungsempfängers, ohne Einschaltung
etwa von Banken als Intermediäre. Solche Visionen können nur von Menschen
kommen, die bar jeder Kenntnis über die tatsächlichen Sachverhalte im
Zahlungsverkehr sind. Für die Abwicklung von Zahlungsverkehr gibt es in jedem
Land der Eurozone ein klare vertikale Hierarchie, an deren Spitze, gesetzlich
ausdrücklich geregelt, die jeweils nationale Zentralbank steht. Diese ist nicht
nur für die Sicherstellung eines funktionierenden Zahlungsverkehrs zuständig,
es geht beim Thema Zahlungen auch immer um die täglich erheblichen Liquiditätsdispositionen in Milliardenhöhe. Das ist auch ein Teil
der Geldsteuerung der Zentralbanken. Wie dabei Transaktionen ohne die Einschaltung von Banken
denkbar sein sollen, sollten Zukunftstechnologen erst einmal die Zentralbanken
ihrer Länder befragen.
Aus dem Publikum wird erwähnt, dass man in punkto
Zahlungsverkehr, sich in Deutschland ohnehin schon auf der Insel der Glückseligen
befände. Hier laufen, vor allem dank etabliertem Lastschriftverfahren, die meisten
Transaktionen für Privatkunden vollautomatisch ab. Doch ist man mit den Nachbarländern immer noch
umgeben von einem Meer von Scheckzahlungssystemen und Papiertransaktionen. Für
Firmenkunden gar, sieht die Zahlungsverkehrswelt freilich ganz anders aus. Weder
sind für diese Kunden die Vorgänge ähnlich automatisiert wie bei den
Privatkunden, noch wird von den Banken auf die spezifischen Wünsche dieser
Klientel in der Breite eingegangen.
Immerhin 60 Millionen Zahlungsverkehrstransaktionen gäbe es pro
Geschäftstag allein in Deutschland. Dagegen ginge die Blockchain-Technologie
schon ab 500.000 Transaktionen in die Knie. Diese, von anderen Fachleute
angezweifelte, Schwäche ist nur ein kleines Detail im großen Dilemma der
Zahlungsverkehrsvisionäre. Gerade wegen der allgemein bekannten
Sicherheitsprobleme der digitalen Welt, müsste die richtige Vision sein, dass
sich Kunden vielmehr als bisher mit den Risiken der Geldtransfers aktiv
beschäftigen. Die Vorstellung jedenfalls, Zahlungsverkehr würde für die Kunden
immer mehr in den Hintergrund gedrängt und immer unsichtbarer werden, zeugt
nicht von einem realitätsnahen Problembewusstsein.
Der Pausenkuchen sah eher trocken aus Quelle: Thomas Seidel |
So ging es im zweiten Themenblock auch gleich um die Cyber
Security. Erfrischend und erschreckend zugleich, gestand Dr. Detlef Hosemann,
im Vorstand der Hessischen Landesbank (HELABA) für das Thema zuständig, ein,
dass man eine befriedigende Cyber Sicherheit nicht wird erreichen können. Zu
schnell würden sich die Dinge entwickeln, zu lange bräuchte es, angemessene
Sicherheitssystem anzupassen. Zu groß scheinen die Lücken beim Problemfeld der
Datensicherheit überall in den Prozessen zu sein. Obwohl die Banken wie sonst
keine andere Branche es mit dem Umgang von Risiken zu tun hat, gäbe es kein
etabliertes Risikobewusstsein für Cyberrisiken bei den Mitarbeitern der Banken
und das wohl bis in die Vorstände hinauf.
2. Panel: Hans-Jürgen Walter Deloitte, Frank Behrens BHF-BANK AG, Wolfgang König Goethe Universität Frankfurt, Detlef Hosemann HELABA, Michael Kreutzer Frauenhofer Institut SIT Quelle: Thomas Seidel |
Problembewusstsein (Neuhochdeutsch:
awarness) lasse sich inzwischen empirisch messen. Dennoch würden
Bankmitarbeiter nur dann für dieses Thema sensibilisierbar sein, wenn sie im
privaten Bereich mit Cyberattaken schmerzhaft konfrontiert würden. Mit anderen
Worten, beim Thema Datensicherheit verlässt sich nach wie vor jeder auf den
anderen und keiner will am Ende etwas gemerkt haben. Es ist diese, zumindest
fahrlässige, Haltung, die die Menschen beim Umgang mit virtuellen Daten und mit
der Verwendung von Daten im Internet seit jeher an den Tag legen. Das bedenkenlose
Eintauchen in die Cyberwelt und der kopflose Umgang mit ihr, führt heute schon
zu einem Anteil von mehr als fünfzig Prozent bei den kriminellen Beutezügen und
schlimmstenfalls zu Katastrophen wie zuletzt in Bad Aibling. Doch muss an
dieser Stelle die Frage erlaubt sein, warum eigentlich die Bankenindustrie oder
etwa die Pharmaindustrie oder auch die Automobilhersteller so stark reguliert
sind, bevor es ihnen erlaubt wird, irgendein Produkt an Kunden zu verkaufen,
die Cyberindustrie aber völlig jedes mangelhafte und schadanfällige
Programm unreguliert auf die Menschheit loslassen darf.
In einem dritten Themenblock beschäftigten sich die
Teilnehmer mit dem Finanzinformationsmanagement der Zukunft. Immer wieder wird
dabei betont, dass es künftig nur darauf ankommen wird zu tun, was die Kunden
tatsächlich wollten. Zu diesem Zweck gälte es, die enormen Mengen an Daten, die
Kunden im Geschäftsleben tagtäglich hinterlassen, nur intensiv genug zu
analysieren und die entsprechenden Schlüsse daraus zu ziehen. Zum Beispiel
sollte der kaufwillige Kunde künftig nicht mehr bei den Banken um die
Finanzierung seiner Wünsche betteln müssen. Statt dessen sollten sich die
Banken beim Kunden als mögliche Finanzier bewerben. Der demographische Wandel
bringe schon jetzt eine Millieniumgeneration hervor, die wie selbstverständlich
mit den Dingen der IT-Technologie aufwachsen. Der gleiche demographische Wandel allerdings bringt auch eine Generation von Menschen hervor, die nur sehr schlecht
einen Arbeitsplatz finden, keine Chancen auf sofortige unbefristete
Arbeitsverhältnisse haben, niedrige Einstiegseinkommen akzeptieren müssen, bei
gleichzeitigen sozialen und preislichen Mehrfachbelastungen. So etwas führt
dann automatisch zu einem schlechten Ranking in der SCHUFA. Die Banken werden
jedenfalls vor lauter Risikobewusstsein diesen Menschen freiwillig kein
Kreditangebot für ihren Konsum machen.
Die berechtigte Frage der Visionäre ist allerdings die, womit
die Banken zukünftig überhaupt noch Profit machen wollen. Ein Kernproblem auf
das man in den meisten Häusern jedenfalls bis heute noch keine Antwort gefunden
zu haben scheint.
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