Die harte Trennung von Spreu und Weizen -von Thomas Seidel-


Das berühmte Bildnis der Florence Owens Thompson aus dem Jahr 1936

 (Quelle: wikipedia, no known restrictions on publication, Urheber: Dorothea Lange (1895-1965) aufbewahrt: Library of Congress fsa.8b29516)

Mit dem zweiten Corona-Lockdown beginnt in der Wirtschaft endgültig der unbarmherzige Aussortierungsprozess. Unternehmen und Selbständige sind nicht gleichermaßen betroffen und Arbeitnehmer bleiben hilflos den wirtschaftlichen Gezeiten ausgeliefert. Die Mechanismen dieses Prozesses sind vielgestaltig. Drei Faktoren spielen aber eine große Rolle bei der Frage, wer am Ende zur Spreu und wer zum Weizen gezählt wird.

Jetzt zu Beginn des zweiten Lockdown ist es erstaunlich feststellen zu müssen, wie wenig die Menschen aus den Folgen des ersten Lockdown und über die Wirkung des Coronavirus selbst gelernt haben. Andernfalls wäre jetzt ein zweiter Lockdown einfach nicht nötig. Doch statt Einsicht zu haben und Verhaltensanpassungen zu üben, wurde im Sommerquartal ordentlich auf den Putz gehauen, immer nach dem Motto "Nach mir die Sintflut". Wer immer noch ernsthaft erwartet, das Leben aus den Vor-Coronazeiten würden bald wieder kommen, hat wirklich nichts verstanden! 

Leider gilt das auch für viele Unternehmer, Selbständige, Behörden und vor allem die verantwortlichen Politiker. Unterm Strich hatte man drei volle Monate Zeit, die Gesellschaft, die Wirtschaft und den Staat auf das Leben mit Corona besser vorzubereiten. Geschehen ist so gut wie nichts. Die Politik, immer auf der Suche nach den nächsten Wählerstimmen, versuchte so viel Disziplinlosigkeit wie möglich zu tolerieren und hat am Ende mit ihren Lockerungsmaßnahmen absehbar der zweiten Coronawelle nur Vorschub geleistet. Den wirtschaftlichen Schaden versuchte der Staat mit enormer Neuverschuldung zu Lasten Aller zu dämpfen. Doch diese Gelder verbrannten nur für die Hoffnung auf eine coronafreie Zeit nach den Sommerferien.

Jetzt schlagen die Kräfte einer Kapitalmarktwirtschaft umso erbarmungsloser zu und sortieren die Unternehmen früher oder später vor dem Insolvenzrichter aus. Überleben wird das nur, wenn ein Unternehmen auf eine breite Basis von Kapitalreserven zurück greifen kann und idealerweise Produkte herstellt, die immer benötigt werden oder Produkte zu deren Herstellung man der weltweit unbestrittene Meister ist. Das bedeutet, dass z.B. vor allem kapitalschwache Franchisemodelle etwa im Modegeschäft, im Gaststättengewerbe usw. den Bach runter gehen. Selbst namhafte Produktlinien, die derart vertrieben werden, müssen in die Knie gehen. 

Immer hilfreich sind flexible Geschäftsmodelle, die die Möglichkeit bieten, schnell auf Nachfrageänderungen reagieren zu können. Doch wenn selbst Banken nach jahrelanger Suche kein vernünftiges Geschäftsmodell zu entwickeln in der Lage sind, sieht es für Unternehmen mit heiß gestrickten Geschäftsmodellen erst recht übel aus. Vor allem bei vielen jungen Unternehmen kommen gleich Kapitalarmut und viel zu spezifische, unflexible Geschäftsmodelle gleichzeitig zusammen. Das wird bei ausbleibendem Umsatz die Geschäftsidee und das Unternehmen meist in den Abgrund ziehen.

Die nichtselbständigen Arbeitnehmer haben kaum eine Chance, durch eigenes Zutun ihre Situation zu verbessern. Stellenabbau einerseits und äußerste Zurückhaltung der Unternehmen bei Neueinstellungen andererseits, zermalmen vor allem die Zukunft junger Berufseinsteiger. Nur die Besten oder die Schleimigsten werden sich ihre Berufswünsche einigermaßen erfüllen können. Alle anderen müssen sich mit weniger oder nichts zufrieden geben. Angesichts dieser Situation ist es erstaunlich, dass die Gewerkschaften Lohnforderungen stellen, als befände sich die deutsche Volkswirtschaft im siebten aufeinanderfolgenden Jahr einer Hochkonjunktur.

Die Politik aber pumpt Geld vor allem in solche Bereiche, die ihr als gesamtwirtschaftlich systemrelevant erscheinen. Bestes Beispiel dafür sind die Mittel, die dem Airline-Geschäft zugute kommen. Völliges Versagen der Politik liegt im Bildungsbereich vor. Die Wahrheit ist, selbst nach einem halben Jahr hat sich so gut wie nichts an den Schulen getan. Die Lehrer jammern diffus über die Bedrohung ihrer persönlichen Gesundheit. Die Digitalisierung der Schulen geht nicht voran, nicht zuletzt weil haufenweise Ideologen in den Lehrkörpern und vor allem bei den Schulämtern immer noch alles Digitale in Grund und Boden verdammen.

Tatsache ist, ein Leben wie vor Corona wird nicht wieder zurück kehren. Selbst wenn demnächst ein wirksamer Impfstoff gegen Corona 19 eingesetzt werden kann, Corona 20 oder 21 oder wie auch immer die nächste Seuche heißen wird, kommt schneller und brutaler als wir es jetzt erleben. Besser man stellt sich darauf ein, statt von längst Vergangenem zu träumen.

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