Die Leute müssen aufgeschlaut werden -Konferenz zum Thema Private Debt und Direct Lending- von Thomas Seidel
Herbert Fromme eröffnet die Konferenz (Quelle: Thomas Seidel) |
Die Geldpolitik der Zentralbanken hat
vielen Anlegern einen dicken Strich durch ihre Renditerechnung
gemacht. Das Niedrig- bis Nullzinsumfeld hat die klassischen und
relativ sicheren Geldanlagemöglichkeiten schier unmöglich gemacht.
Das gilt vor allem für die Versicherungsbranche und die
Pensionsfonds. Also musste man sich zwangsläufig auf die Suche nach
neuen Profitquellen machen. Im Bereich von #Private Debt und #Direct
Lending (PD&DL) ergeben sich dabei alternative
Anlagemöglichkeiten. Freilich ist es kein Ersatz für die Masse von
Anlagemitteln. Das Geschäft ist vor allem maßgeschneidert.
Durch die Veranstaltung führte Herbert
Fromme, gleichermaßen auftritts- wie stimmgewaltiger
Versicherungskorrespondent bei der #Süddeutschen Zeitung (SZ). Die
immer stielsicher von der SZ bestimmte Lokation im Steigenberger
Hotel Frankfurter Hof, bietet einen angenehmen Rahmen,
in dem es sich neben den Vorträgen mit
den Teilnehmern angenehm während der Pausen plaudern läßt.
Einen Fakteneinstieg in das Thema
unternahm der Amerikaner John A. Hess von der Pavilion Alternative
Group. Das Geschäftsvolumen von PD&DL steige stetig seit 2010
an. Der Markt sei inzwischen von vier auf neun Billionen Dollar
angewachsen. Führend sei natürlich Nordamerika, weit abgeschlagen
folgen dann Europa und Asien, dort vor allem Südkorea.
Allgemein zu beobachten sei, eine
zunehmende Risikobereitschaft bei den Anlegern. Die Anlageform sei
nicht so abhängig von Marktbewegungen und damit ein stabileres
Finanzmittel. Es gäbe 528 Private Credit Funds. Allerdings halte der
ökonomische Zustand der Volkswirtschaften den Kreditbedarf insgesamt
bedeckt. So würde die zunehmende Anzahl von Wettbewerbern in diesem
Geschäfts selbst zum Risiko.
Floris Hovingh (Deloitte) (Quelle: Thomas Seidel) |
Mit weiteren Zahlen kann der
Niederländer Floris Hovingh von #Deloitte aufwarten. Er sieht die
Branche insgesamt im Aufschwung. Der sei eine Reaktion auf die
erhöhten Anforderungen der Aufsichtsbehörden, die bei den Banken zu
einer Zurückhaltung bei der Kreditvergabe führe. Was seit den
letzten 20 Jahren in den USA wachsend praktiziert werde und in
Großbritannien einen enormen Geschäftsanteil gewonnen hätte,
entwickle sich in Europa eher modert. Nach einer Zunahme des
Geschäfts zwischen 2013 und 2015 habe sich das Wachstum dieser
Anlageform dort in 2016 wieder abgeschwächt. Man sei für das
laufende Jahr jedoch guter Hoffnung.
Ein Kernunterschied zwischen den
Märkten beiderseits des Atlantik sei, dass in den USA die
Unternehmen in der Lage seien die für dieses Geschäft notwendige
„due-dilligence“, also die fachgerechte Detailanalyse der
Anlageobjekte, selbst durchzuführen, während man diese Aufgabe in
Europa oftmals extern vergebe. Das deutet auf mangelnde Kenntnisse
und Fertigkeiten hin. Anders ausgedrückt, es fehlt das entsprechend
qualifizierte Personal mit PD&DL umzugehen. Mit wachsender
Erfahrung der Teams nehme auch die Differenzierung an den Märkten
erkennbar zu. Freilich stehe man bei seiner Arbeit sehr unter der
Aufsicht der Investoren. Das könnte eine vielleicht viel effektivere
Form der Erfolgskontrolle sein.
Ein Spezialthema mit einem spezialisiertem Fachpublikum (Quelle: Thomas Seidel) |
In den Ausführungen verschiedener
Redner wird immer wieder deutlich, wie erfolgsentscheidend die
Qualifikation der mit dieser Anlageform beschäftigen Mitarbeiter
sei. So läßt aus dem Publikum Teoman Kaplan von Allianz Global
Investors den Spruch vom Stapel: „Die Leute müssten aufgeschlaut
werden“. Das gilt wohl nicht nur für die Mitarbeiter, sondern auch
für die Entscheider. An einer anderen Stelle wird Dr. Michael
Leinwand von der Zurich Gruppe Deutschland sagen, er fühle sich bei
dem Geschäft mit sorgfältig ausgesuchten Asset-Managern durchaus
wohl. Wenn er den Zeitdruck miterlebe, unter dem ein Asset-Manager
Anlageentscheidungen zu treffen habe, könne dies innerhalb der
Zurich-Organisation so gar nicht geleistet werden.
Corporate Debt Panel (Quelle: Thomas Seidel) |
Der Erfolg im Geschäft mit PD&DL
ist also nicht nur abhängig von den Kenntnissen darüber wie man das
Geschäft betreibt, sondern auch von einem tiefen Verständnis
darüber, wie bei den Anlageobjekten Geld verdient wird und worauf es
dabei ankommt. PD&DL findet im Wesentlichen in drei
Anlagekategorien statt. Das sogenannte #Corporate-Lending, das sind
Kredite an produzierende Unternehmen. Das ist der bei weitem größte
Markt mit einem Anteil von ca. 60 bis 70 Prozent. Zumindest in den
USA lassen sich hier Renditen von sechs bis sieben Prozent
erwirtschaften. Das wird gefolgt von einem wesentlich kleineren
Anteil an #Real-Estate-Geschäften mit einem Marktvolumen um die 25
Prozent. Den kleinen Rest machen Infrastrukturprojekte aus. Diese
hätten zwar eine deutlich niedrigere, dafür aber stabilere
Fix-Income-Komponente. An dieser Dreiteilung läßt sich schon
erkennen, wie unterschiedlich die Marktkenntnisse von Mitarbeitern
sein müssen. Beispielsweise bei #Infrastrukturprojekten sind etwa der
Straßenbau einerseits und alternative Energiegewinnung andererseits
überhaupt nicht miteinander zu vergleichen.
Real-Estate-Panel (Quelle: Thomas Seidel) |
Aufgrund dieser Dreiteilung
beschäftigten sich drei Paneldiskussionen auch mit den Spezifika
ihrer Anlageformen. Eindringlich wurde die Situation bei Corporate
Debts in Deutschland geschildert. Regelmäßig hätten Unternehmen in
Deutschland mehrere Banken bei Finanzierungen im Boot sitzen. Laufe
etwas schief, würden es gleich sogar noch mehr Banken werden. Bei zu
vielen Köchen verdirbt dann schnell der Brei. Gerade in
Krisensituationen sei es wichtig, dass sich nur wenige Leute mit der
Krisenbehandlung beschäftigten. Die Schwierigkeiten innerhalb der EU
mit Finanzierungen rührten auch daher, dass zu viele kleine und
kleinste Banken um ein auskömmliches Geschäft buhlen würden.
Infrastruktur Panel (Quelle: Thomas Seidel) |
Für Deutschland habe sich im
Real-Estate-Sektor trotz der Finanzkrise nicht wirklich viel
geändert. Es arbeiten immer noch die gleichen Leute mit den gleichen
Projektentwicklern zusammen. Die Banken hätten keinen Grund durch
die Krise verlorenes Terrain wieder zu besetzen. Die strengeren
Regeln machten das Immobiliengeschäft für die Banken einfach zu
teuer und damit unattraktiv.
Ganz andere Sorgen plagen die
Infrastrukturprojekte. Sehr viel Geld suche eine attraktive
Anlageform, es gäbe aber nur wenig gute Objekte. Infrastruktur habe
einen langfristigen Zeithorizont. Das Geschäft stehe aber besonders
in Deutschland immer wieder unter dem Feuer heftiger politischer
Kritik. Es gäbe hier zu Lande kein Verständnis für die Verlagerung
von Profiten vom öffentlichen in den privaten Bereich.
Kein Panel sondern Mittagspause (Quelle: Thomas Seidel) |
Spannend war eine Diskussionsrunde
unter der Überschrift „Kreditfonds versus Banken“. Immer wieder
werden Banken dazu angehalten, ihre Kreditportfolios herunter zu
fahren und somit auch ihre Kapitalbelastung zu verbessern. Dafür
böten sich Kreditfonds als Lösung an. Doch gäbe es in Deutschland
sehr hohe Schranken für die Bildung von Fonds. Aus dieser Erfahrung
weiche man bei der Auflegung der Fonds mehr und mehr nach #Luxemburg
aus. Dort könne man schneller und effektiver Fonds auflegen.
In einem Impulsvortrag schildert der
schon erwähnte Dr. Michael Leinwand von der Zurich-Gruppe
Deutschland seine Erfahrungen mit dem PD&DL-Geschäft. Ein
Versicherungsinvestor müsse sich zunächst die Frage stellen, auf
welchem Risikolevel er sich bei seinen Anlageformen wieder finden
möchte. Im Hause Zurich sei man grundsätzlich bereit, gleichermaßen
höher riskante aber auch höher rentierliche Anlageformen
einzugehen. Die Regeln nach #Solvency II sagten zwar etwas darüber
aus, wieviel Kapital eine Versicherung haben müsse, aber nichts
darüber wieviel Liquidität notwendig sei, letztlich eingegangene
Risiken bei Ausfall abdecken zu können.
Kreditfonds versus Banken (Quelle: Thomas Seidel) |
Fazit
Das Geschäft von Private Debit und
Direct Lending kommt in Europa erst langsam in Fahrt. Selbst im
Vergleich mit Frankreich liegt Deutschland hier noch ziemlich zurück.
Für manche Anleger ist es eine der wenigen Chancen überhaupt, noch
auskömmliche Renditen für ihr Kerngeschäft zu erzielen. Doch schon
heben hierzulande Mahner wieder ihre Finger und warnen davor, was
passiert wenn die EZB die Zinsen doch mal wieder ansteigen läßt. Es
ist erkennbar, dass Viele hierzulande am liebsten gleich wieder in
den wohlig muffenden alten Trott scheinbar bombensicherer
Geldanlagemöglichkeiten zurück kehren möchten. Aber hat man schon
mal darüber nachgedacht, dass die Nichtnutzung von attraktiveren
Anlagemöglichkeiten eigentlich schon ein „Betrug“ am Endkunden
sein können. Es ist nur zu hoffen, das die vielen Beitragszahler
sich künftig nicht nur mit lächerlichen Garantierenditen zufrieden
geben, sondern von ihrem Teilaltersversorger mindesten einen
Kaufkraftausgleich verlangen, auch wenn das Anlageformen sind, deren
Laufzeiten über Jahrzehnte gehen. Die Möglichkeiten dazu sind
jedenfalls an den Märkten da.
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